Letzte Änderung: 06.08.2021 um 16:24:26 ● Erstveröffentlichung: 17.07.2012 ● Autor: Muħammad Ibn Maimoun
Erläuterungen: {erh.} = „Erhaben und herrlich gepriesen sei Gott“ / (s.) = „Segen und Friede sei mit dem Propheten“

Die ethische Integrität des Propheten

Betrachtet man anhand der massenhaften authentischen Berichte den Charakter des Propheten Mohammed , seine Verhaltensweisen, seinen Umgang mit Menschen und seine Fähigkeit, Anfeindungen von Menschen zu ertragen, kommt man nicht umhin, in ihm ein hochstehendes Vorbild und die Großartigkeit seiner Person zu erkennen. Intuitiv steht sein Prophetentum dann auch jenseits objektiver Beweisführung fest.

Um zu dieser Überzeugung zu gelangen, empfiehlt sich, eines von zwei Dingen oder beides zu tun: Das eine ist die Lektüre der Aussagen und Taten Mohammeds aus vertrauenswürdigen Quellen. Hier sei verwiesen auf Bücher wie „Allahs Gesandter hat gesagt“ oder „Gärten der Tugendhaften“. Umfangreiche Prophetenbiographien wie die des Ibn Isħâq eignen sich prinzipiell zwar auch. Dies gilt jedoch nur eingeschränkt, denn der grobe Verlauf solcher Biographien mag in der Regel korrekt sein. Die Einzelheiten hingegen sind oft von schwacher Authenzität, weil die meisten Biographen eher auf Lückenlosigkeit der Erzählung als auf hohe Überlieferungsqualität bedacht waren.

Das andere ist die Lektüre der Aussagen unabhängiger Wissenschaftler und Forscher über seine Persönlichkeit, wie sie sich in den folgenden Zitaten darbieten:

Encyclopedia Britannica, Band 12: Eine Menge Details in den frühen Quellen zeigen, dass er ein ehrlicher und aufrichtiger Mann gewesen ist, der den Respekt und die Loyalität anderer, ebenfalls ehrlicher und aufrichtiger Menschen verdient hat.

William Montgomery Watt (geb. 1909, gest. 2006), damals Professor (Emeritus) für arabische und islamische Studien an der Universität zu Edinburgh, Verfasser mehrerer Standardwerke zur Islamwissenschaft und einer der meist zitierten Islamwissenschaftler der Moderne: Seine Bereitschaft, für seinen Glauben Einschnitte hinzunehmen, der hohe moralische Charakter jener Männer, die an ihn geglaubt haben und ihn als Führer ansahen, und die Großartigkeit seines endgültigen Erfolgs – all das spricht für seine fundamentale Integrität. Mohammed als einen Hochstapler abzustempeln bringt mehr Probleme hervor, als es lösen würde. Überdies wird keine der großen Persönlichkeiten der Geschichte im Westen derart unangemessen gewürdigt, wie Mohammed. [Mohammed At Mecca, Oxford, 1953, S. 52]

Mohandas Gandhi (genannt „Mahatma Gandhi“, geb. 1869, gest. 1948), indischer Denker, Staatsmann und nationaler Führer: Ich bin mir nunmehr sicherer als ich es je war, dass es nicht das Schwert war, welches in jenen Tagen einen Platz für den Islam gewann, im Gang des Lebens. Es war die unbeugsame Einfachheit, die komplette Aufopferung des Propheten, die penible Einhaltung seiner Versprechen, seine völlige Hingabe seinen Freunden und Anhängern gegenüber, seine Beherztheit, seine Furchtlosigkeit, sein absolutes Vertrauen zu Gott in seiner eigenen Mission. All dies, und nicht das Schwert haben alles getragen und jede Art von Schwierigkeiten überwunden. [Young India (periodisch erscheinend), 1928, Band X]

Edward Gibbon (geb. 1737, gets. 1794), der wohl größte britische Historiker seiner Zeit: Der größte Erfolg im Leben Mohammeds wurde durch die schiere moralische Kraft erreicht ohne einen einzigen Hieb eines Schwertes. [History Of The Saracen Empire, London, 1870]

Washington Irving (geb. 1783, gest. 1859), bekannt als der erste „amerikanische Mann der Wissenschaft“: Er war dermaßen abstinent und enthaltsam in seiner Diät und ein rigoroser Verfechter des Fastens. Er frönte keiner Pracht in seiner Kleidung, was die Zurschaustellung eines kleinlichen Gemüts bedeutet hätte. Noch war die Einfachheit seiner Kleidung durch etwas beeinflusst worden, sondern das Ergebnis einer Missachtung eines sich Unterscheidens durch eine so einfache Eigenschaft... In seinen privaten Handlungen war er gerecht. Er behandelte Freunde und Fremde, reich und arm, die Starken und die Schwachen mit Gleichheit und wurde von dem einfachen Volk für die Freundlichkeit, mit der er sie empfing und ihre Beschwerden anhörte, geliebt... Seine militärischen Erfolge haben bei ihm keinen Stolz noch Eitelkeiten hervorgerufen wie es geschehen wäre, wären diese für eigene Zwecke erlangt worden. In der Zeit seiner größten Macht bewahrte er die gleiche Einfachheit in seinem Benehmen und seinem Erscheinen wie in den Tagen der Not. So weit entfernt von Regententum war er verärgert, wurden ihm beim betreten eines Raumes ungewöhnliche Ehreerbietungen dargebracht. [Life of Mahomet, London, 1889, S. 192-3, 199]

Alphonse de Lamartine (geb. 1790, gest. 1869), französischer Dichter und Staatsmann: Philosoph, Redner, Verkünder, Gesetzgeber, Krieger, Eroberer von Ideen, Führer des vernünftigen Glaubens, eines Kults ohne Statuen und Bilder: der Gründer zwanzig irdischer Reiche und eines geistigen Reiches, das ist Mohammed. Nimmt man alle Möglichkeiten in Betracht mit denen menschliche Größe gemessen werden kann, dann müssen wir uns fragen: Gibt es einen größeren Menschen als Mohammed? [Übersetzt aus Histoire De La Turquie, Paris, 1854, Bd. II, S. 276-277]

Annie Besant (geb. 1847, gest. 1933), britische Theosophistin, politische Führerin in Indien und Präsidentin des indischen Nationalkongresses 1917: Es für jemanden, der das Leben und den Charakter des großen Propheten Arabiens studiert, der seine Lehren kennt und weiß wie er gelebt hat, unmöglich, etwas anderes für diesen mächtigen Propheten, einen der großen erhabenen Gesandten, zu empfinden, als Ehrerbietung. Und auch wenn ich in dem, was ich Ihnen mitteile, wohl viele Dinge sagen werde, die vielen Menschen bereits bekannt sind, so empfinde ich persönlich doch jedes Mal, wenn ich es wieder lese, eine neue Art der Bewunderung und neue Verehrung für diesen mächtigen arabischen Lehrmeister. [The Life And Teachings Of Mohammed, Madras, 1932, S.4]

Bosworth Smith (geb. 1784, gest. 1884), anglikanischer Bischof und Autor: Er war Cäsar und Papst in einem; aber Papst ohne die Anmaßungen des Papstes, Cäsar ohne Cäsars Legionen: ohne ein festes Heer, ohne Leibwächter, ohne Palast, ohne feste Staatseinkünfte; wenn jemals ein Mann das Recht besessen hat, zu sagen, dass er nach göttlichem Recht herrsche, dann war es Mohammed, denn er besaß alle Macht ohne ihre Instrumente und ohne ihre Mittel. [Mohammed and Mohammadanism, London 1874, S. 92]

Diwan Chand Sharma, hinduistischer Gelehrter und Autor, schrieb: Muhammad war die Seele der Freundlichkeit und sein Einfluss fühlbar und von denen um ihn herum unvergessen. [D.C. Sharma, The Prophet of the East, Calcutta, 1935, S. 12]

Irrelevante Behauptungen

Gleichwohl sind natürlich auch Darstellungen im Umlauf, welche die Trübung des authentischen Gesamtbildes beabsichtigen, und vereinzelte Überlieferungen, die zu diesem Zweck missbraucht werden oder werden könnten. Im Folgenden sollen entsprechende Beispiele gesammelt werden, mit denen besonders Missionare verschiedener religiöser, aber auch irreligiöser Richtungen argumentieren, und die es im Rahmen dieser Missionsaktivität teilweise bis in öffentliche Enzyklopädien wie „Wikipedia“ geschafft haben. In diesem Artikel soll die inhaltliche Schwäche solcher Versuche aufgezeigt werden.

Der angebliche „Holocaust“

Eines dieser Beispiele ist die Behauptung, in der Zeit des Propheten sei ein regelrechter Holocaust an Juden angerichtet worden. Der Eindruck, dass Faschisten hiermit versuchen, vom eigenen Faschismus abzulenken, indem sie den Islam in einen faschistischen Schatten zu stellen versuchen, ist sicherlich nicht unzutreffend. Was jedoch ist an der Behauptung dran?

Sie bezieht sich auf den folgenden historischen Hintergrund: Nachdem Mohammed und seine Mitglaubenden über zehn Jahre lang Verfolgung und Unterdrückung in seiner Heimatstadt Mekka ertragen mussten, wanderten sie nach Medina aus, wo sich durch die rein mündliche (und somit friedliche!) Aktivität anderer Muslime der Islam bereits vor der Auswanderung unter den Bewohnern ausgebreitet hatte, so dass nach der Ankunft des Propheten das erste souveräne muslimische Gemeinwesen entstehen konnte, und somit ein kleiner Staat.

Mit recht wenig Übergängen erwecken die Missionare nun den Anschein, kurz darauf habe der Prophet die in Medina ansässigen Stämme vertreiben lassen, weil sie nicht an ihn hätten glauben wollen (!) und einen dieser Stämme, die Banû Quraizah, durch eine Massenhinrichtung an den Männern des Stammes ausgelöscht. Fertig ist der Holocaust.

Dass hier weder ein Genozid vorliegt, noch sich hier dem Gesandten Gottes eine nicht-integere Vorgehensweise unterschieben lässt, belegen die folgenden Punkte:

Es ist das Recht Gottes , Leben zu geben und zu nehmen, wie und wem Er will, und zu verschonen und zu peinigen, wie und wen Er will, sowie das gerechte Strafgericht gegen ein Volk zu entfesseln. Denn jedes Volk hat laut Koran eine Lebenszeitspanne, deren Ende sein Zeichen darin hat, dass der diesem Volk bestimmte Gesandte zu ihm kommt. Wird dieser Gesandte von diesem Volk vollständig zum Lügner abgestempelt, ist der Termin des Volkes fällig. So ließ Er viele Völker untergehen. Weder den Steinen, die Er auf einige herunterregnen ließ, noch dem Wasser, mit dem Er einige ertränkte, noch dem Todesengel, der die Seelen abholt, lässt sich etwas vorwerfen.

Die Causa Kaab ibn al-Ashraf

Ein weiteres Beispiel ist die populistische Darstellung einer lebensrettenden Maßnahme, welcher der Gesandte Gottes zustimmte, als „Auftragsmord“ wegen Prophetenbeleidigung. Hierbei geht es um den damaligen Populisten und Kriegstreiber Kaab ibn al-Ashraf.

Diesen habe der Gesandte Gesandte Gottes, nachdem er ihn in Gedichten verspottet habe, „ermorden“ lassen. In ihren Darstellungen wollen manche heutige Polemiker den Eindruck erwecken, hier habe einfach nur ein empfindlicher Hochstapler einen mutigen Pionier der Meinungsfreiheit, weil er dessen kunstvolle Satire nicht habe ertragen können, in einer überzogenen und damit unrechten Reaktion umzubringen befohlen.

Was historisch verbürgt ist: Nachdem der Gesandte Gottes die ersten 13 Jahre seiner Prophetenschaft in deiner Geburtstadt Mekka als Rufer zum Weg Gottes in friedfertiger Erduldung schwerer Unterdrückung und Anfeindung ausgeharrt hatte, wanderten die Glaubenden und auch er selbst, als einer der letzten, nach Medina aus. Damit entzog er sich dem Bestreben der mekkanischen Führung, ihn wegen seines Eingottglaubens zu töten. Mit der muslimischen Gemeinde entstand im Zuge dessen in Medina unter seiner Vorsteherschaft folgerichtig in den Augen der mekkanischen Führung als Hauptfeind zu betrachtende politische Entität. In der medinesischen Umgebung vereinbarte der Prophet (s) mit dort ansässigen jüdischen Stämmen, unter anderem mit dem Stamm des Kaab b. al-Ashraf eine friedliche Koexistenz ohne Benachteiligungen; diese umfasste den Zusammenhalt im Fall eines militärischen Angriffs von außen. Die mekkanischen Quraysch wagten es dementsprechend nicht, Medina direkt anzugreifen, doch griffen sie wiederholt einzelne Muslime oder muslimische Gruppen außerhalb an. Der Auszug der Muslime, um sich von einer mekkanischen Karawane ihr in Mekka zurückgelassenes und dort konfisziertes Hab und Gut in Form seines Gegenwertes zurückzuholen, nahmen sich die Quraysch zur Gelegenheit, durch Aussendung einer voll ausgerüsteten, zahlenmäßig  übermächtigen Armee der Existenz der Muslime endgültig ein Ende zu bereiten. Es kam in Badr zu einer entscheidenden Konfrontation, welche mit der Niederlage der Götzendiener endete. Der Gesandte und die Muslime kehrten siegreich nach Medina zurück. In die Zeit nach diesen Ereignissen fällt der beanstandete Vorgang: Statt die an denselben Gott glaubenden und auch die israelitischen Propheten und ihre Offenbarungsschriften anerkennenden Muslime als Freunde und Nachbarn anzusehen, erweist sich Kaab ibn al-Ashraf plötzlich als hochproblematische Figur (was gleich näher besprochen wird), mit welcher der Gesandte Gottes sich zu befassen bat. Sein Gefährte und Namensvetter, Muhammad ibn Maslamah, schlägt vor, ihn in einer Geheimoperation zu töten, um seinem Treiben Einhalt zu gebieten. Der Gesandte Gottes (s) stimmt zu, und Ibn Maslamah führt das Vorhaben erfolgreich aus.

Der Anmaßung der Verurteilung des Vorgangs liegt in der Regel mindestens eine der drei folgenden fehlgeleiteten Grundannahmen zugrunde.

  1. Ausblendung von Art, Umfang und Tragweite der Verbrechen des Kaab ibn al-Ashraf oder Unwissen hierüber.
  2. Naives Ausgehen vom eigenen Kontext und vertrauten Bedingungen der Gegenwart.
  3. Moraltheoretisch-ideologische Verblendung bezüglich der Möglichkeit von Sonderfällen, welche die gezielte Ausschaltung eines dem Menschengeschlecht angehörigen Individuums rechtfertigen und unverzichtbar machen.

1. Seine Verbrechen

Schon nach kurzem Nachdenken dürfte dem über Leben und Charakter Mohammeds Wohlinformierten die Abwegigkeit der Annahme klar werden, dass Kaab irgendeiner persönlichen Verletztheit des Gesandten Gottes zum Opfer fiel. Die Zeugnisse dafür, dass der Prophet sowohl zuvor jahrelang ohne jegliche Gegenwehr (sicherlich zu einem sehr "dicken Fell" führende) Beleidigung und Spott ertrug, und auch nach dem Vorfall weiterhin ehrenrührigem Verhalten duldsam begegnete, sowie zeitlebens nie für seine eigene Person Rache nahm, sind unzählig.

Also gibt es keinen Zweifel, dass sich der Politiker und Stammesführer weit mehr hat zuschulden kommen lassen, als bissige Gedichte zu verfassen. Zumindest Orientalisten und Kennern der Materie muss man hier vorwerfen, dass sie hierfür nicht lange hätten suchen müssen, um fündig zu werden: Aus bekannten und als authentisch klassifizierten Quellen geht klar hervor, dass er nach der Niederlage der polytheistischen Quraysh in der als Vernichtungsfeldzug gegen unschuldige Auswanderer intendierten Badr-Schlacht bis zum äußersten bestrebt war, diese zur militärischen Rache an der jungen muslimischen Gemeinschaft anzustacheln und aufzuhetzen. Wohlgemerkt bestand zu dieser Zeit ein vertragliches Bündnis zwischen seinem jüdischen Stamm und den Muslimen, zu welchem seine Kollaboration mit dem militärischen Gegner in eklatantem Widerspruch stand. Es erfordert keine besondere Phantasie, um darauf zu kommen, dass seine unablässigen entwürdigenden Gedichte gegen die muslimische Bevölkerung, zu deren Rezitation sich Einwohner Medinas und Umgebung um ihn scharten, das Ziel hatten, die Situation auch im Inneren Medinas zu destabilisieren und in Pogrome gegen die muslimische Bevölkerung münden zu lassen, bzw. in einen Bürgerkrieg.

2. Übertragung der eigenen Bedingungen auf die damalige Situation

Wenn jemand nun trotz der Kenntnis der Intentionen und Agitationen des medinesischen Populisten Kaab b. al-Ashraf eine Verwerflichkeit anstelle einer Tugend in seiner Ausschaltung sieht und ihrer Alternativlosigkeit nicht gewahr ist, wird dies darauf beruhen, dass er es versäumt, zwischen den Bedingungen, in denen er selbst lebt, und den damaligen Bedingungen und Umständen zu differenzieren. Entsprechend ist er womöglich der naiven Ansicht, man hätte den Agitator doch auf juristischem Wege belangen oder gar mit einem Bußgeld verwarnen, oder wenigstens ins Gefängnis stecken können. Unterbewusst wird jemand, welcher der eigenen Verhaltensweise eine Relevanz beimisst und sich nicht vorstellen kann, dass er an der Stelle des Propheten (s) dem Vorschlag der operativen Ausschaltung des Anstifters zugestimmt hätte, wohl von der  in seiner privilegierten Gesellschaft bestehenden Möglichkeit beeinflusst, im Falle von Bedrohungen von Leib und Leben einfach die Polizei anzurufen...

Der Kritiker geht somit von völlig falschen Voraussetzungen aus, die von der damaligen Realität kaum weiter entfernt sein könnten:

3. Moraltheoretische Irrtümer

Diejenigen, die nach all dem noch an der Beurteilung des Vorgangs immer noch als verwerflich oder auch nur als zweifelhaft festhalten, sind in der Regel nur noch solche, die dem heute in westlichen Gesellschaften verbreiteten moraltheoretischen Irrtum aufsitzen, es sei kein Sonderfall denkbar, der die Tötung eines dem Menschengeschlecht angehörigen Individuums ethisch legitimiert, geschweige denn zur Pflicht macht. Diese stehen in der ethischen Pflicht, eine Neujustierung ihrer ethischen Grundlagen vorzunehmen und die Widersprüchlichkeit ihrer vorgeblichen ethischen Überzeugung zu beseitigen. Diese impliziert nämlich, dass sie die Inkaufnahme der Vernichtung der Leben einer großen Zahl unschuldiger Menschen zugunsten des Lebens eines einzelnen Subjekts, dass eben auf jene Vernichtung hinarbeitet, befürworten - womit sie sich zu seinen geistigen Komplizen machen.


Die Heirat Mohammeds mit Aishah

Gerne wird die ethische Integrität des Propheten in Frage gestellt, indem auf die Überlieferung verwiesen wird, derzufolge er eine Neunjährige heiratete (Aishah bint Abî Bakr).

Dieser Verweis ist jedoch belanglos, denn:

1 Saħîħ al-Bukhâriyy, kitâb al-maghâzî, Hadith Nr. 3895, u.a. - es wird ausdrücklich gesagt, dass das Hinrichtungsurteil den militärischen Kämpfern (muqâtilah) galt.
2 Saħîħ al-Bukhâriyy, kitâb al-mağâzî, Hadith Nr. 3804: عن ابنِ عمرَ رضي الله عنهما قال: حاربتِ النضيرُ وقُرَيْظَةُ، فأجْلَى بني النضيرِ وأقرَّ قريظةَ ومَنَّ عليهم ،حتى حاربتْ قريظةُ. Nawawiyys Kommentierung dieser Überlieferung lässt sich entnehmen, dass auch er die in dieser Überlieferung vorliegende Formulierung als auf einen zweimaligen Krieg hindeutend ansieht: فِي هَذَا أَنَّ الْمُعَاهَدَ وَالذِّمِّيَّ إِذَا نَقَضَ الْعَهْدَ صَارَ حَرْبِيًّا وَجَرَتْ عَلَيْهِ أَحْكَامُ أَهْلِ الْحَرْبِ ، وَلِلْإِمَامِ سَبْيُ مَنْ أَرَادَ مِنْهُمْ ، وَلَهُ الْمَنُّ عَلَى مَنْ أَرَادَ . وَفِيهِ أَنَّهُ إِذَا مَنَّ عَلَيْهِ ثُمَّ ظَهَرَتْ مِنْهُ مُحَارَبَةٌ انْتَقَضَ عَهْدُهُ ، وَإِنَّمَا يَنْفَعُ الْمَنُّ فِيمَا مَضَى لَا فِيمَا يُسْتَقْبَلُ
3 Die genaue Anzahl der hingerichteten Krieger ist unbekannt, da sich die diesbezüglichen Überlieferungen widersprechen. Die Zahl 800-900 ist wohl schon zu hoch angesetzt, eine alte Überlieferung spricht gar nur von 40 (vierzig). Ein von Tirmidhiy überlieferter und von ihm als authentisch eingestufter Bericht ist unter den auf die Anzahl bezugnehmenden Überlieferungen diejenige mit der vergleichsweise wohl besten Überliefererkette und spricht von 400 (vierhundert), doch selbst diese Überliefererkette beinhaltet einen umstrittenen Überlieferer (Abu al-Zubayr al-Assadiyy). Es ist durchaus von einem zur nachprophetischen Überlieferungszeit bestehenden Interesse an der Erhöhung der diskutierten Anzahl auszugehen, um die herrschende Militärpolitk mit angeblichen Präzedenzfällen aus der Prophetenlaufbahn zu legitimieren, insbesondere zu Zeiten Hajjaj ibn Yusufs, des brutalen Statthalters und Militärführers in den Bürgerkriegen des siebten und achten Jahrhunderts n. Chr.; Beispiele für derartige politisch motivierte Manipulationen gibt es zuhauf und sind überhaupt einer der Gründe für die Entstehung der komplexen islamischen Hadithwissenschaft mit ihren strengen Maßstäben zur Akzeptanz von Überlieferungen.
4 Saħîħ al-Bukhâriyy, kitâb al-maghâzî, Hadith Nr. 3895. Oft wird davon ausgegangen, dass der Gesandte Gottes dasselbe Urteil gefällt hätte, da überliefert wird, er habe nach dem Urteil zu dem Richter gesagt. „Du hast mit dem Urteil Gottes geurteilt.“ In einer anderen, ebenfalls mit authentischer Überliefererkette überlieferten Version lautet die Formulierung: „Du hast mit dem Urteil eines Königs geurteilt.“ Aufgrund einer Eigenheit der arabischen Sprache im Umgang mit Kategorienaussagen kann hier auch „des Königs“ übersetzt werden, so dass sich schnell einbilden lässt, mit dem „König“ sei Gott gemeint, der in einem Seiner vielen koranischen Namen „der König“ heißt. Genau ein solches Versehen könnte einem der Überlieferer bei der ersten Version unterlaufen sein, so dass die ursprüngliche Version lauten würde: „Du hast mit dem Urteil eines Königs geurteilt“, als Anspielung auf einen Koranvers, in welchem irdische Monarchen allgemein als besonders grausam dargestellt werden (Sure 27:34). In diesem Fall wäre der Satz eher als Missbilligung denn als Bestätigung zu verstehen.
5 Ebd.
6 Im biblischen Pentateuch, den sie für sich als Juden als gültig angesehen haben werden, ist zu lesen: Wenn du dich einer Stadt näherst, um gegen sie zu kämpfen, dann sollst du ihr zunächst Frieden anbieten. Und es soll geschehen, wenn sie dir friedlich antwortet und dir öffnet, dann soll alles Volk, das sich darin befindet, dir zur Zwangsarbeit unterworfen werden und dir dienen. Und wenn sie mit dir nicht Frieden schließt, sondern Krieg mit dir führt, dann sollst du sie belagern. Und gibt der HERR, dein Gott, sie in deine Hand, dann sollst du all ihre Männlichen mit der Schärfe des Schwertes erschlagen. Doch die Frauen und die Kinder und das Vieh und alles, was in der Stadt ist, all ihre Beute, sollst du für dich rauben. (Dtn 20:10-14)
7 Dazu erklärte sich ein Teil des Stammes tatsächlich bereit und wurde verschont, s. Saħîħ al-Bukhâriyy, kitâb al-mağâzî, Hadith Nr. 3804.
8 So geschehen nach der Bezwingung des jüdischen Chaibar, s. Saħîħ al-Bukhâriyy, kitâb al-ijârah, Hadith Nr. 2165.
9 Am 28.09.2007 berichtete die Presseagentur AFP: Ein gerade zehn Jahre altes Mädchen ist laut belgischen Zeitungsberichten Mutter geworden. Die Schülerin aus Charleroi im Süden des Landes sei bereits im vergangenen Jahr von einem gesunden Jungen entbunden worden, meldeten das "Nieuwsblad" und "Het Volk". Vater des Jungen sei ein 13-jähriger Schulkamerad, zitierten die Zeitungen den Arzt, der das Kind zur Welt gebracht hatte. Er habe jedes Jahr einige Mütter im Alter von 14 Jahren, sagte Doktor Robert Chef. Kinder in Belgien haben laut den Berichten immer früher Sex. Die Einnahme der Antibaby-Pille habe vor allem bei Mädchen ab 14 Jahren in den vergangenen zwei Jahren stark zugenommen. Nach Statistiken der Krankenversicherungen hätten im vergangenen Jahr sogar 57 Mädchen bereits im Alter von zehn Jahren die Pille ärztlich verschrieben bekommen. - Im Juni des Jahres 2000 berichtete Lifeline unter Berufung auf die medizinische Zeitschrift „Medical Tribune“: Jedes sechste Mädchen in Großbritannien zeigt bereits im Alter von 8 Jahren erste Anzeichen der Pubertät. Im Vergleich dazu, berichtet die ‚Medical Tribune’, galt 1969 nur eins von 100 Mädchen als frühreif. Der englischen Studie zufolge lassen Jungs sich mehr Zeit mit dem Erwachsenwerden. Bei den 8-jährigen Jungen, so die ‚Medical Tribune’, hatte jeder Vierzehnte Geschlechtsbehaarung. 1969 wuchs nur einem von 150 Jungen in diesem Alter die Schambehaarung. - Die jüngste Mutter der Welt soll zum Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes erst fünf Jahre alt gewesen sein und bekam ihre Menstruation schon mit drei Jahren, siehe
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11 Auch Männer heirateten teilweise sehr früh. Von mehreren Prophetengefährten oder ihrer Sukzessoren ist bekannt, dass ihre Väter zum Zeitpunkt ihrer Geburt nur 13 Jahre alt waren, z.B. von Abdullâh b. ’Amr as-Sahmiyy.
12 Ein plastisches und sogar aktuelles Beispiel ist das der Ariva Begon, einer jungen Witwe aus dem Volk der Rohingya, deren Vater sie in Burma mit 14 Jahren verheiratete und kurze Zeit später verstarb.
13 So beispielsweise in Georgien (Zitat: Tatsächlich sind die arrangierten Ehen auch eine Folge zunehmender Entführungen von Frauen in den Neunzigerjahren: Indem sie ihre Töchter möglichst schnell verheirateten, wollten die Eltern sie schützen.).