Letzte Änderung: 15.02.2016 um 09:18:22 ● Erstveröffentlichung: 15.11.2011 ● Autor: Muħammad Ibn Maimoun
Erläuterungen: {erh.} = „Erhaben und herrlich gepriesen sei Gott“ / (s.) = „Segen und Friede sei mit dem Propheten“

Die Wahrhaftigkeit Mohammeds

Da die Wahrhaftigkeit zu den festen Charaktereigenschaften Mohammeds gehört, besteht kein Zweifel daran, dass der Koran, der sich selbst als Gotteswort versteht, nicht von ihm ersonnen wurde.

Ich verweilte vor ihm doch schon ein Menschenleben unter euch1

Schon der berühmte deutsche Philologe und Islamwissenschaftler Rudi Paret (gest. 1983) stellte fest:

Der Vorwurf der Unehrlichkeit, der jahrhundertelang bis herunter in die neueste Zeit immer wieder mit mehr oder weniger Entrüstung gegen den Propheten erhoben worden ist, lässt sich verhältnismäßig leicht entkräften. Mohammed war kein Betrüger.2

Die Charaktereigenschaft der Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit war und ist bis zum heutigen Tage selbst unter seinen seriösen Gegnern unumstritten und lässt sich an vielen Beispielen erkennen, wobei das folgende bereits genügt: Es ist authentisch bezeugt, dass sich zu Lebzeiten des Propheten eine Sonnenfinsternis ereignete, als kurz zuvor sein Sohn Ibrâhîm gestorben war, worauf die Menschen sofort annahmen, die Sonne habe sich anlässlich des Todes Ibrâhîms verfinstert.

Zählte die Wahrhaftigkeit nicht zu seinen festen Charaktereigenschaften, hätte Mohammed dieses Ereignis zweifellos als angebliches Wunder und Ehrung seines Sohnes ausgenutzt und die Vermutungen der Menschen bestätigt oder sie wenigstens schweigend in ihrem Glauben gelassen. Stattdessen verkündete er daraufhin öffentlich mit ebenso entwaffnender wie bezeichnender Ehrlichkeit:

Sonne und Mond verfinstern sich nicht wegen des Todes irgendeines Menschen.
(Saħiħ al-Bukhâriyy, Hadith Nr. 993)

Unzählige weltliche Führer der Menschheitsgeschichte, ganz zu schweigen von religiösen Führern, erlagen der Versuchung, sich noch zu Lebzeiten vergöttern oder zu Gottessöhnen erklären zu lassen, oder benutzten dies als gezielt politische Taktik. Gerade auf dem Höhepunkt ihrer Macht kam es häufig dazu, dass sie diese durch eine solche Maßnahme zu zementieren versuchten. Nach der Eroberung Mekkas, als sich große Teile der Arabischen Halbinsel dem Propheten anschlossen und er an der Spitze des neuen Staates die Reichtümer unter der Bevölkerung verteilte (wie auch heute Staaten Sozialleistungen unter den Bürgern verteilen), sahen ihn viele als großen Wohltäter an. Jeder Lügner hätte sich mit Wonne in diesen Rühmungen gesonnt. Mohammed jedoch stellte unmissverständlich klar, wem das eigentliche Lob gebührt:

Ich teile nur auf. Gott gibt.3
(Saħiħ al-Bukhâriyy, kitabu l-€ilm, Hadith Nr. 71)

Auch hätte er, um die Menschen zu beeindrucken, die Affen und Schweine seiner Zeit als Nachfahren jenes Volkes darstellen können, welches dem Koran zufolge zur Strafe für die Übertretung des Sabbat ja in derartige Tiere verwandelt wurde. Ein Märchenerzähler hätte dies sicher getan, und tatsächlich ist genau diese Eindruck schindende Darstellung unter den heutigen Muslimen hier und da im Umlauf. Doch betrachte man hingegen, mit welcher Nüchternheit und Aufgeklärtheit sich Mohammed zu solchen Vermutungen äußerte, als er danach explizit gefragt wurde:

Missgestaltende Verwandlungen ließ Gott keine Nachfahren haben. Affen und Schweine gab es schon vorher.
(Saħiħ Muslim, kitâbu l-qadar, Hadith Nr. 2663)

Allein sein hingebungsvoller Gottesdienst und die Entbehrungen, die er hierin auf sich nahm, sein häufiges Fasten, sein langes nächtliches Stehen, lassen keinen Zweifel daran, dass er selbst an das glaubte, was er vermittelte.

1 Sure 10 (yûnus), Vers 16
2 Rudi Paret: „Mohammed und der Koran: Geschichte und Verkündigung des arabischen Propheten“, Kohlhammer Verlag, 10. Auflage, 2008.
3 Dass dieser Ausspruch nach der Eroberung Mekkas erfolgte, lässt sich daran sehen, dass er von Mu€âwiya b. Abî Sufyân überliefert wurde, der ihn nach eigener Aussage selbst aus dem Munde des Propheten hörte, jedoch erst nach der Eroberung Mekkas in die Religion der Ergebung eintrat.