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Wer oder was ist Gott?

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Die Menschen sind recht erfindungsreich in ihren Versuchen, Gott in Kategorien einzuordnen. Mal heißt es, Er sei „Liebe“, mal Er sei „Geist“, mal Er sei „Existenz“ usw. Doch auf die Aufforderung einiger Leute, Mohammed (s) solle seinen Herrn beschreiben, zu dem er hinrufe, antwortete er mit einer der bemerkenswertesten ihm mitgeteilten Verbalinspirationen.

Diese erstaunt durch ihre überwältigende Klarheit und Einfachheit - zugleich ist ihr eine geradezu spektakuläre Bedeutungstiefe zueigen, wie sich später zeigen wird. Im Original lautet sie:

qul hua allâhu °aħad allâhu s-Samad lam yalid ua lam yuulad ua lam yakun lahu kufuan °aħad

(Der Ehrenwerte Koran, Sure Nr. 112, al-ikhlâS)

Näherungsweise übersetzt ergibt sich die Bedeutung:

SAG, DASS ER GOTT - EINER - IST GOTT, DER DER KONSTANTE IST DER NICHT GEBAR UND NICHT GEBOREN IST UND DEM GLEICHEND NIEMAND IST

Nachdem Mohammed (s) dies rezitiert hatte, sagte er: „Dies ist die Beschreibung meines Herrn.“ Nur wenige ahnen, wie tiefgründig allein der erste dieser vier Verse ist. Denn daraus, dass…

• die arabische Syntax offenbar zwei Sätze birgt, nämlich „Er ist Gott“ (Gott ist Gott) und „Er ist Einer“ • das in dieser Verwendungsweise ungewöhnliche °aħad statt wâħid benutzt wird und dieses nach einem ausdrucksstärkeren Muster als wâħid geformt ist • die Definitionen des Wortes allâh lauten: o der Inbegriff des Anbetungswürdigen (ähnlich der Definition des Tabariyy u.a.) o der Herr und Schöpfer allen Seins1 o der Besitzer der göttlichen Attribute (Allmacht, Allwissen usw.) • das Wort „qul“ („SAG“) unabhängig vom historischen Kontext im Rezitationstext erhalten geblieben ist • die wörtliche Rede mit hua („ER“) beginnt

• die Sure wie eine direkte Antwort auf die christliche Dreieinigkeitslehre wirkt • Juden aufgrund des hebräischen echad sich aufgrund der Verwendung von °aħad angesprochen fühlen werden/sollen

… ergäbe sich nach einer eingehenden Analyse (die hier leider den Rahmen sprengen würde), wenn man alle diese und die daraus folgenden Aspekte und Assoziationen berücksichtigte, in etwa die folgende Auseinanderfaltung - wohlgemerkt, allein für den ersten Vers:

„Sag, Gesandter Gottes, zu denen, die dich nach den Eigenschaften Gottes und seinem Wesen fragen, und zu den Juden und Christen, so wie auch zu dir selbst, als auch zur gesamten Menschheit: Derjenige, nachdem ihr fragt, außer dem es nichts im Vergleich zu Ihm Erwähnenswertes gibt, der Nahe und Allgegenwärtige, außer welchem kein Inhaber wesenseigener Existenz existiert, ist der in Seinem Wesen undefinierbare und unklassifizierbare Schöpfer von allem außer sich selbst und damit der Herr aller Dinge, der Besitzer der göttlichen Attribute (der Ewigkeit, der absoluten Unabhängigkeit und Unbegrenztheit, der Unvergleichlichkeit, der Allmacht, des Allwissens, des Allsehens, des Allhörens, des schöpferischen Willens, der Lebendigkeit und der Vollkommenheit)2, der Inbegriff der Gottheit und des Anbetungswürdigen (der so anbetungswürdig ist, dass ihn anzubeten die natürliche Pflicht ist) und er ist alleinig - ohne Gefährten, Teilhaber oder Verwandten- , und er ist einmalig – unvergleichlich und über alle Kategorien erhabenen Wesens - , und Sein Wesen ist eins – ungeteilt, unverteilt, unteilbar und unzusammengesetzt eins, und besitzt all diese verschiedenen Aspekte der Unität in maximaler Weise, aufs Engste zu Seinem Wesen gehörend und von ihm untrennbar, und Seine Existenz sei hiermit bestätigt.“

Auch der zweite Vers ist Ehrfurcht gebietend reich an Assoziationen. Grund dafür ist der Begriff as-Samad, der oben zunächst einmal nur mit „der Konstante“ wiedergegeben ist. In Wirklichkeit kommen vielmehr Übersetzungen in Frage, die alle im übrigen Koran eine Rolle spielen, wenn nicht gar alle zugleich in diesem Vers gemeint sind:

• Der Unvergängliche (Konstante) • Der Absolute (Unabhängige) • Der Notwendige, auf den alles angewiesen ist • Der Einheitliche (Unzusammengesetzte) • Der Vollkommene • Der Höchste • Der Machtvolle • Der Unergründliche • Dessen Wesen nicht aufnehmend ist • Der sich nicht fortpflanzt

Einer der schönsten Kommentare zu dieser Surah, der hier zu guter Letzt erwähnt sein möge, ist nicht das Werk eines berühmten Exegeten, sondern das Wort eines heutigen Muslims, der früher die Existenz Gottes abzustreiten pflegte: „Als ich diese Sure gelesen habe…“ Er machte eine Pause und fuhr dann fort: „… habe ich geglaubt.“ 1 Zwar kommt allâh von ilâh („Gottheit“), welches rein sprachlich ursprünglich nicht unbedingt „Schöpfer“ bedeutet, doch dadurch, dass die spezielle Form allâh schon seit vorislamischer Zeit allein dem Schöpfer aller Dinge vorbehalten war, gehört „derjenige, der alles erschaffen hat“ ohne Zweifel zu den Definitionen dieses Wortes. 2 Hiermit soll nicht behauptet werden, Gott habe keine weiteren Attribute außer diesen.

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