Letzte Änderung: 25.01.2024 um 16:12:22 ● Erstveröffentlichung: 01.06.2016 ● Autor: Muħammad Ibn Maimoun
Erläuterungen: {erh.} = „Erhaben und herrlich gepriesen sei Gott“ / (s.) = „Segen und Friede sei mit dem Propheten“

Der Kommentar

Was zu kurz erscheint, um einen eigenen Artikel daraus zu machen, aber auch zu nützlich, um in Vergessenheit zu geraten, sollte dann doch wenigstens in eine sich stetig fortsetzende Kommentarsammlung aufgenommen werden - darum dieses Auffangnetz für Gedanken, die ich nur ungern zurück in das Nebulöse des Unterbewussten entweichen lasse.

Dabei möchte ich ausdrücklich klarstellen, dass diese Kommentaresammlung für die Äußerung meiner subjektiven Ansichten gedacht ist. Scheinbar apodiktisch Formuliertes auf dieser Unterseite sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie gerade für Gedanken gedacht ist, für die ich nicht immer den Anspruch aufstelle, unanfechtbar richtig zu sein.

Somit sollte eine derartige Redeweise an dieser Stelle nicht mit einer solchen in regulären Lichtwort-Artikeln aus meiner Feder verwechselt werden, und selbst in jenen ist es - meiner Natur als fehlbarer Mensch entsprechend - keineswegs ausgeschlossen, dass ihr Verfasser, wenn es sich nicht gerade um bloße akkurate Wiedergaben unzweideutiger Offenbarung handelt, bei apodiktisch angeführten Aussagen an der einen oder anderen Stelle falsch liegt. Gott  entgelte es dem wahrheitsliebenden Leser, der mich auf solche Fehler hinweist, bestens. Auch sonst möge Er  jede(n) um das Lichtwort-Projekt Besorgte(n), Fördernde(n) und in welcher Form auch immer Unterstützende(n) in die Reihen Seiner geliebten Auserwählten aufnehmen und sie im irdischen und im nachweltlichen Dasein erhöhen.

Die Vaterlosigkeit des Sohnes der Maria (25. Jan. 2024)

Im Laufe meiner Auseinandersetzung mit den kanonischen und auch apokryphen (sogenannter pseudepigrapher) Evangelienberichten ist in mir die Ansicht gereift, dass wenn zumindest die synoptischen unter ihnen von allem befreit würden, was sich in ihnen nicht als direkte Rede des Messias  präsentiert, sowie man reflexhaft zu den traditionell-kirchliche(n) Deutungsbrille(n)  zu greifen vermiede, sie sich inhaltlich als potentiell authentischer und korankonformer erwiesen als das Vorurteil gemeinhin annimmt. Besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang das Markus-Evangelium, das in der Bibelwissenschaft als die älteste Version unter den „Evangelien“ gilt: Schon die inhaltlich zwar irrelevante, psychologisch aber einflussreiche, als nachträgliche Übermalung nachweisbare theologische Vater-Sohn-Rhetorik ist hier fast komplett abwesend: Während der Matthäus-Bericht in seiner heutigen Form Gott an sage und schreibe ca. 40 Stellen „Vater“ nennt, geschieht dies im Markus-Bericht an nur zwei Stellen, von denen sogar nur eine einzige Jesus als Genitiv einsetzt („mein Vater“, ursprünglich wohl: „mein Herr“). Und obwohl er weniger als ein Drittel des Umfangs des Matthäus-Berichts besitzt, nennt der Markus-Bericht Gott deutlich häufiger „Gott“. Dass die beiden Stellen im Markus-Bericht mit der „Vater“-Rhetorik keineswegs belegen, dass Markus den Messias als Gottessohn im ontologischen Sinn ansah, dürfte klar sein, zumal an der anderen Stelle andere Menschen als Genitiv stehen („euer Vater“, ursprünglich wohl: „euer Herr“). Eine Zitierung Jesu  mit einer direkten und ausdrücklichen Aussage, er sei Sohn seines Entsenders, findet sich beim Markus-Evangelisten an keiner Stelle.

Auf die Frage „Bist du der Messias, der Sohn des Hochgelobten?“ lässt Mk 14,62 ihn allerdings antworten: „Ich bin es, doch von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen mit den Wolken des Himmels.“ Dies ist die einzige Stelle im Markus-Bericht, welche über die bei ihm fast völlig fehlende, nachträgliche Vater-Sohn-Rhetorik hinaus den immerhin schwachen Anschein macht, Jesus habe eine Gottessohnschaft gelehrt. Statt wie Matthäus nur das uneindeutige „Du sagst das/es“ schreibt der Markus-Evangelist explizit: „Ich bin’s“. Die Matthäus-Version erscheint zwar glaubwürdiger, da eine derartige Zurückhaltung in der Wiedergabe bei einem so sensiblen und später zentralen Thema nicht unbegründet sein wird und für ein gewisses Maß an Gewissenhaftigkeit spricht. Doch selbst mit der Markus-Version läge es näher, die angebliche direkte Antwort nicht auf eine Frage nach Gottessohnschaft beziehen, sondern auf die Frage nach dem messianischen Status. Der Versuch religiöser Gegner des Gesandten, ihn zu seiner Überführung in Dilemmata zu bringen, ist aus anderen Situationen der jesuanischen Aktivität immerhin bekannt.  Und auch hier ist, der hinterlistigen Absicht der Vernehmer gemäß, in der Markus-Version die Frage so gestellt, dass wenn Jesus  als Messias, nicht aber als Sohn seines Entsenders gelten wollte, es ihm unmöglich wäre, wahrheitsgetreu einfach nur mit Ja oder Nein zu antworten. Darum lässt sich die an eine angenommene explizite Bejahung der ersten, expliziten Frage angeschlossene Rede vom Menschensohn als implizite Verneinung der zweiten, impliziten Frage auffassen, insbesondere, wenn das Wort „Menschensohn“ betont ausgesprochen wurde (i.S.v.: „Ersteres bin ich, doch was das zweitere betrifft, so werdet ihr den Menschensohn und keinen Gottessohn kommen sehen.“).

Dies würde es erübrigen, hinter der Falle die Hoffnung sehen, dass er auf die Messias-Frage antworten und man dann eine Bezugnahme auf den Rest des Satzes durch Unterbrechung verhindern würde.

Es  darf außerdem nicht vergessen werden, dass wir es hier mit einer Stelle zu tun haben, die eine Situation schildert, die so sehr im Dunkeln liegt wie kaum eine andere Situation in den Evangelienberichten: Schon den synoptischen Berichten nach zu urteilen konnte sie keiner der Jünger akkurat überliefert haben können, zumal keiner von ihnen zugegen gewesen zu sein scheint; nur Petrus soll außerhalb des Gerichtssaals in einiger Entfernung gewartet haben und hätte die Situation schon allein ob der tumultartigen Szenen nicht akkurat überliefern können, selbst wenn er ganz vor Ort gewesen wäre. Dementsprechend überliefern die Synoptiker die Antwort extrem unterschiedlich, und der nicht-synoptische Johannes-Evangelist überliefert sogar überhaupt keine Antwort, mehr noch: eine Antwortverweigerung (was sicher damit zu tun hat, dass der Sohn Marias seiner sichtbaren Meinung nach die vermeintliche Gottessohnschaft schon lange vorher offen und wiederholt verkündet habe – was wiederum den synoptischen Darstellungen widerspricht). Ausgerechnet er erwähnt einen ominösen und namenlosen anderen Jünger, der in den synoptischen Berichten hier gar nicht auftaucht und üblicherweise mit ihm, dem Erzähler selbst, identifiziert wird, und legt seine Anwesenheit als Augenzeugen nahe. Die Erörterung des Wertes eines Augenzeugen, dessen Anwesenheit nicht nur in bloß unvollständiger Ausdrücklichkeit suggeriert wird (trat er nun mit ein oder nicht?), sondern der darüber hinaus von unbekannter Identität ist und als enger Vertrauter ausgerechnet des blutdürstigen Hohepriesters und Gegners Jesu  erscheint, erübrigt sich. Somit hat alles, was sich im Vernehmungsraum abgespielt hat und dort gesagt wurde, letztlich als völlig unbekannt zu gelten. Der Lukas-Evangelist geht derweil von zwei separaten Fragen statt einer aus, einer nach der Messianität, die Jesus bei ihm ausweichend beantwortet, und einer zweiten, ob er Gottes Sohn sei. Die Antwort enthält in den gängigen englischen Übersetzungen (King James Version, English Standard Version, New International Version) keine Bejahung: „You say that I am.“ - „Ihr sagt, ich sei's.“  Ohne die Annahme, dass hier ein lukanisches Missverständnis des „Du sagst das/es“ vorliegt, wird dies wohl bedeuten, dass die Fragesteller solches oder ähnliches zum Selbstschutz vor dem Volk, Jesus heuchlerisch preisend, zu sagen pflegten. Jedenfalls ist das die sicherste Übersetzung der griechischen Vorlage („Ὑμεῖς λέγετε ὅτι ἐγώ εἰμι“), während deutsche Bibeln (z.B. Luther 2017) diese gerne als Synthese der Markus- und der Matthäus-Version zu übersetzen wagen („Ihr sagt es, ich bin es“).

Doch selbst wenn wir wüssten, was sich in jener Kammer abgespielt hat und die Bejahung der vermeintlichen zweiten Frage erwiesen wäre, würde es dem Dogma von der ontologisch verstandenen Gottessohnschaft nicht viel helfen: Denn der Titel des Gottessohns war in der israelitischen Kultur schon zuvor bekannt und galt nicht als etwas Anstößiges, da er einfach nur einen von Gott  besonders Auserwählten und keine ontologisch definierte Verwandtschaft meinte.

Messianische Brillanz (18. Jan. 2024)

Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! (Mk 12,17; Mt 22,21; Lk 20,25) Gerne wird diese Jesus, dem Sohn der Maria, zugeschriebene Aussage als Grundlegung einer säkularen Gesellschaftsordnung oder als Verpflichtung zum Gehorsam gegenüber jeglicher weltlicher Autorität u.v.m. interpretiert, und so der historische als auch der situative Kontext der Aussage ignoriert. Was diesen betrifft, so wollten den messianischen Gesandten  seine Gegner laut der Überlieferung mit der Frage, ob es (nach dem Willen Gottes) statthaft sei, dem heidnischen Fremdherrscher Steuern zu zahlen, nämlich in eine Falle locken. Das Dilemma: Hätte er offen so geantwortet, wie es sich für konservative Juden aus dem (hierin kaum zu erfüllenden) Gesetz ergab, nämlich mit einem direkten Nein, hätte er bei den Behörden der erbarmungslosen Besatzungsmacht als Staatsfeind angezeigt und noch an Ort und Stelle aus dem Verkehr gezogen werden können. Und hätte er bejaht, hätte er vor der israelitischen Bevölkerung als schriftunkundig bloßgestellt werden können. Vorab waren als Zeugen und Denunzianten bereits Sympathisanten sowohl der Klientelregierung für das eine als auch der religiösen Elite für das andere eigens hinzugezogen worden (Mk 12,13; Mt 22,15; Lk 20,20). Eine direkte Antwort war also aus praktischen Gründen nicht möglich.

Stattdessen habe er sich eine römische Münze bringen lassen, auf das Kaiserporträt ihrer Prägung hingewiesen und anstelle eines expliziten Ja oder Nein diese wahrhaft geniale Antwort gegeben. Diese fordert zunächst nicht viel mehr, als dem Fremdherrscher das zu geben, was ihm zustehe, ohne zu behaupten, dass ihm tatsächlich irgendetwas zustehe, geschweige denn, das Eigentum der Israeliten, und Gott eben das zu geben, was Ihm zustehe. Als tieferliegende und am meisten mit der Gesamtlehre Jesu  harmonierende Bedeutung aber lässt sich sehen, dass die Religiösen der Gesellschaft Jesu  in ihrer religiösen Einstellung endlich aufhören sollten, dem Materiellen, Äußerlichen und Formalen das Primat zu geben, denn derart Wertloses und Herzentleertes mag tatsächlich einem unreinen Räuberkönig gebühren und wird von Gott erst gar nicht akzeptiert, und stattdessen sich auf das Geistige, Innerliche und auf die unbedingte Gottesliebe zu besinnen und alle (auch äußerliche) religiöse Praxis und Beziehung zu Gott hierauf zu gründen und ihm das Primat zu geben.

Somit gibt es weder für säkularismuskritische Muslime einen Grund, den Satz in Bausch und Bogen zu verwerfen oder zu belächeln, noch für islamophobe Christen, Debattenpartner ad hoc mit taqiyyah-Vorwürfen zu diskreditieren, wenn das Konzept doch nicht nur Wahrheitstreue keineswegs ausschließt und für Situationen größter Not gedacht ist, sondern darüber hinaus von Jesus  selbst in höchster Vollendung angewendet wurde.

(Siehe auch: Das Wahrheitsgebot des Koran - Dürfen Muslime lügen?)

Der Arzt und der Diener (31. Mai 2023)

Ein Gleichnis von einem, welcher der beste Arzt und Chirurg der Welt ist: Er hat einen Diener, der sehr arm ist, obwohl er ein gutes Gehalt bei dem Arzt hat. Aber er ist noch sehr jung und muss noch lernen, mit Geld umzugehen und es nicht immer sofort für fragwürdige Dinge auszugeben. Das ist einer der Hauptgründe für seine Armut. Außerdem konsumiert er viel ungesundes Fleisch und schädliche Genussmittel und raucht enorm viel, obwohl sein Herr ihm immer dringend davon abgeraten hat. Er übertreibt damit so sehr, dass er sich davon eine schwerwiegende und seltene Krankheit einhandelt, deren Behandlungskosten keine Krankenversicherung zu übernehmen bereit ist und auf der ganzen Welt nur von seinem Herrn behandelt werden kann, der sich als einziger mit dieser Krankheit auskennt. Die Behandlungskosten würden 10 Millionen Euro betragen, aber die kann sich der Diener natürlich nicht leisten, ohne sich den Rest seines Lebens mitsamt seiner Kinder und mehrerer Generationen seiner Nachkommen zu verschulden. Er ist für seinen Herrn aber etwas Besonderes, und darum erklärt sich der Arzt bereit: „Ich werde dich behandeln und operieren, wenn du mit dem Rauchen aufhörst, deine Ernährung richtig umstellst und regelmäßig deine Medikamente nimmst.“ Das fällt dem Diener sehr schwer, und er macht erstmal weiter mit der ungesunden Ernährung und dem Rauchen. Irgendwann erleidet er so viele Ohnmachtsanfälle und Pein, dass er aufhört und seine Lebensweise umstellt, und dann geht er zu dem Arzt.

Der sagt zu ihm: „Jetzt bin ich bereit, dich zu behandeln und zu operieren, und du brauchst keine Sorge zu haben. Ich kenne mich als einziger mit dieser Sache bestens aus, sie ist mir ein Leichtes. Und du bist für mich etwas Besonderes, darum ist dein Preis statt 10 Millionen Euro nur 5000 Euro. Ich mache es dir leicht: Du kannst in Raten bezahlen, 25 Euro im Monat.“ Die dabei stehende Krankenschwester traut ihren Ohren kaum, sie kann nicht fassen, dass der junge Mann eine so teure Operation fast umsonst bekommt. Der Diener aber ist verwirrt und fragt: „Warum muss ich denn 5000 Euro bezahlen? Ich habe doch alles getan: Ich habe mit dem Rauchen aufgehört und meine Ernährung umgestellt!“ Der Arzt antwortet nur: „Das ist der Preis.“ „Na schön“, sagt der Diener zerknirscht. „Ich werde den Preis bezahlen.“ Sein Herr operiert ihn, die Operation gelingt vollstens, der Diener ist danach gesundheitlich auf der sicheren Seite. Doch während er Monat für Monat 25 Euro bezahlt, fragt er immer wieder: „Warum muss ich eigentlich bezahlen? Ich habe doch mit dem Rauchen und den anderen Dingen aufgehört und habe damit immer noch nicht wieder angefangen. Und ich esse nur die gesündesten Dinge und nehme regelmäßig meine Medikamente.“ Er wagt es aber nicht, den Arzt zu fragen.

Die Krankenschwester, die alles mitbekommen hat, fragt den Arzt eines Tages: „Warum haben Sie ihm die OP und Therapie nicht kostenlos gegeben, Sie haben ihm doch so viele Millionen vom Preis erlassen, das bisschen hätten Sie ihm doch auch noch erlassen können? Haben Sie das so gemacht, damit er nicht vergisst, auf seine Gesundheit zu achten?“ Der Arzt antwortete ihr: „Nun, der Junge ist für mich etwas Besonderes. Darum wollte ich, dass es ihm auch später gut geht. Darum habe ich seinen kleinen Beitrag nicht für mich genommen, sondern als Investition in einen Vorsorgeplan angelegt, durch den ihm ab einem bestimmten Alter voraussichtlich 10 Millionen Euro zur Verfügung stehen.“ „Und warum haben Sie ihm nichts davon gesagt?“ Der Arzt antwortet: „Nicht Gier will ich belohnen, sondern Treue.“


Rat an den frisch Ergebenen (08. August 2021)

Wer gerade eben erstmals bezeugt hat, dass es keine Gottheit gibt außer Gott, und dass Mohammed der Gesandte Gottes ist, also soeben in die Religion der Ergebung eingetreten ist, dem sei - in gewisser Anlehnung an einen berühmten Rat des Propheten - mit Erleichterung und Herzlichkeit gesagt...

Sei guter Dinge und freue dich, denn mit diesem Schritt hast du dich in dein Rettungsboot gesetzt, und die unaussprechliche Gefahr für dich ist vorerst gebannt, Gott sei aller Dank. Wisse aber, dass das Boot nicht das endgültige, sondern nur ein Zwischenziel ist. Vielmehr soll es dich ja seinem Zweck gemäß ans Ziel bringen. Darum ist deine nächste Priorität, um jeden Preis in diesem Rettungsboot erstens zu bleiben, damit du nicht ertrinkst und im Inferno der Letztlichkeit erwachst, und zweitens zu paddeln. Denn von alleine wird dich das Boot nicht ans Ziel bringen, also paddele... nicht so nachlässig, dass die Strömung dich in Richtung des reißenden Wasserfalls zurücktreibt, aber auch nicht so stark, dass dich unterwegs an einer ungünstigen Stelle die Kräfte verlassen und ein Strudel dich verschlingt. Halte vielmehr die Mitte hierin ein. Mache dich aber darauf gefasst, dass an manchen Stellen des Gewässers die Strömung besonders stark ist, so dass du manchmal doch stärker als sonst rudern musst; hebe dir dafür einen Teil deiner Kräfte auf. Und achte darauf, dass du mit deinem einen Paddel, das du besitzt, nicht nur auf einer, sondern abwechselnd auf beiden Seiten des Bootes paddelst, damit du nicht von deinem Weg abkommst. Die eine Seite des Bootes ist die Seite der Hoffnung, die andere die der Furcht. Im übrigen ist es klug, nicht jede ganze Nacht an einem Inselufer zu verbringen, sondern mit dem nächtlichen, zusätzlichen Gebet ein Stückchen der Nacht zum Weiterreisen zu verwenden, so ist es sicherer, dass du rechtzeitig ankommst.

Die Leibeigenschaft: Zur Moralität ihrer Abschaffung (05. August 2021)

Die Freiheit für den Menschen ist in der Religion der Ergebung (islâm) ein wertvolles Gut, allein schon, um ihm seinen einzig wahren Lebenssinn zu ermöglichen und ihm den ausreichenden Freiraum hierfür zu sichern, nämlich seinen Herrn auf der Grundlage der eigenen, freien Entscheidung anzubeten. Dementsprechend macht es sich im Ehrwürdigen Koran an zahlreichen Stellen unzweifelhaft bemerkbar, dass es zu den Zielsetzungen der Religion Gottes gehört, Unfreiheit und Leibeigenschaft unter Menschen auf ein Minimum zu reduzieren.

Es scheint jedoch fraglich, ob es wirklich in ihrem Interesse sein kann, jegliche Form, einschließlich derjenigen der Institution der minimalen bzw. abgemilderten Leibeigenschaft völlig abzuschaffen. Entgegen mancher oberflächlicher Intuition könnte ein Minimum an real-existierender, wohlregulierter Leibeigenschaft bzw. „Halbfreiheit“ wohl doch als unentbehrlich betrachtet werden müssen, denn nicht nur ist bis heute nicht im Geringsten bewiesen, dass sie als volkswirtschaftlich unverzichtbarer Faktor durch moralischere Alternativen weltweit ersetzt werden konnte (im Gegenteil), sondern durch ihre völlige Abschaffung sind auch wichtige Begriffe, die in der spirituellen Kernausübung der Religion dringend gebraucht werden, zur Erosion verurteilt oder gar dazu, in Vergessenheit zu geraten: Es sind die Begriffe von Herr und Knecht, die zu haben eine unabdingbare Voraussetzung ist, als Mensch die fundamental erforderliche und angemessene Haltung zu Gott einnehmen zu können und die Beziehung zwischen sich und Ihm akkurat zu begreifen. Ohne diese ist es weder möglich, das ethisch-ontologische Verhältnis zwischen Gott und sich als Geschöpf korrekt zu erfassen, noch das Ausmaß des Rangunterschieds, den sich zu denken bei vielen Menschen leider längst nicht mehr über die Rangdifferenz zwischen Vorgesetztem und Angestelltem oder Vater und Sohn hinausgeht. So manches koranische Gleichnis, das die Einzigkeit Gottes bildhaft demonstriert, und so manches koranische Argument bezieht seine Kraft zum großen Teil aus der Vertrautheit des Adressaten mit der Wirklichkeit der Leibeigenschaft und ist für die wohl meisten Menschen heutzutage intuitiv allenfalls eingeschränkt wirksam (siehe z.B. Suren 39:29, 46:19, 16:75-76). Die Erosion der Begriffe dürfte übrigens das moderne Phänomen erheblich begünstigt haben, in welchem zeitgenössische atheistische und agnostische Beigeseller in ihren Phantasien den Schöpfer auf gleicher Augenhöhe für irgendetwas hypothetisch zur Rechenschaft ziehen zu können meinen.

Haben Menschen in ihrer Lebenswirklichkeit Herren und Knechte nie jemals vor Augen und wachsen in einer Welt völlig ohne Herren und Knechte auf, wird die entsprechende Begriffsbildung zweifellos bei einem großen Teil von ihnen fehlschlagen, während sie bei dem anderen Teil allenfalls durch einen gewissen Bildungsvorsprung hinsichtlich früherer Phasen der Menschheit noch zustande kommen mag.

So sehr und eindeutig das Normensystem des Koran die Eindämmung der Leibeigenschaft anstreben mag, so wenig lässt sich irgendwo in ihm (oder in der Bibel) eine explizite Befürwortung der totalen Abwesenheit von Leibeigenschaft auf globaler Ebene finden. Dies könnte einer gewissen Behutsamkeit und Vermeidung der Abschreckung des damaligen Menschen, der sich eine funktionierende Welt ohne Leibeigenschaft nicht vorzustellen vermochte, geschuldet sein. Die hinter der fehlenden expliziten Befürwortung stehende Weisheit könnte aber auch auf einer auf verborgene Weise jener Institution anhaftenden Barmherzigkeit beruhen, die besonders im Hinblick darauf, dass das offenbarte Recht die legale Entstehung von Leibeigenschaft weitgehend auf den Kontext von Kriegsgefangenschaft beschränkt, relevant ist und von kaum jemandem beachtet wird: Könnte es sein, dass sie wie kein anderes Konzept eine Prävention von Massenvernichtungen und ethnischen Säuberungen in Kriegen bietet? Wie oft ist es in der Geschichte nicht schon vorgekommen, dass eine Armee eine große Menge von Zivilisten eines eroberten Gebietes, weil sie von ihnen Kollaborationen und andere Gefahren erwartete und für sie keine besondere „Verwendung“ hatte, als „sicherste“ und „ökonomischste“ Lösung einfach massenhaft, samt Frauen und Kindern, ermordete? Wäre dies genauso geschehen, wenn es die Option der Überführung in die Leibeigenschaft und des gewinnbringenden Verkaufs gegeben hätte? Ist die totale Tabuisierung und Verunmöglichung jeder noch so milden Form von Leibeigenschaft, unabhängig von der Art ihrer Entstehung, nicht insofern dezidiert unmoralisch, als sie in solchen Situationen auch die Möglichkeit des Abkaufs dem Tode geweihter Unschuldiger und auch auf Eigennutz basierende Anreize zu ihrer Rettung im Rahmen eines solchen Abkaufs unterbindet? Immerhin hat sich so mancher Genozid unter den Augen von „Weißhelmen“ und der globalen Öffentlichkeit tief in das Weltgedächtnis eingebrannt...  Kriegsverbrechen und Massaker gab es freilich schon in alten Zeiten - in den uns mittlerweile leider quasi vertrauten, regelmäßig die Grenze zum Absurden überschreitenden Dimensionen aber sind sie ein modernes Phänomen, mit einigen Ausnahmen wie z.B. dem Mongolensturm.

Die Schlussfolgerung aus derlei Gedankengängen könnte sein: So sehr eine Tabuisierung totaler Leibeigenschaft („Sklaverei“) aus ethischen Gründen notwendig sein mag - davon zu differenzieren ist anscheinend die totale Tabuisierung jeglicher Form und Quantität von Leibeigenschaft unabhängig von der Art ihrer Entstehung. Kurz: Das Verbot totaler Leibeigenschaft und das totale Verbot von Leibeigenschaft sind moralisch nicht gleichwertig.

Vom Vergleich zwischen Koran und Naturwissenschaft (24. Mai 2020)

Ein international bekannter und erfolgreicher Islamaufklärer ('iyah) - Gott entgelte ihm seine Mühen bestens - erklärte einmal in einem Interview, warum er wenig davon halte, die historischen Wundertaten des Gesandten Gottes  und der Gesandten vor ihm als Argument zu verwenden. Es liege näher, anhand der Naturwissenschaften den überirdischen Ursprung des Koran zu beweisen. Währenddessen schien er das Gefühl zu haben, sich im Voraus verteidigen zu müssen: Die Naturwissenschaft sei das Instrument des Atheisten, er jedoch benutze dessen Instrument quasi nur, um den Koran zu beweisen. Das für mich Auffällige war, dass er betonte, dass der Koran den Naturwissenschaften überlegen sei, ja dass er jenes Instrument benutze, um den Andersdenkenden die Überlegenheit des Koran gegenüber den Naturwissenschaften zu beweisen.

Fraglos versucht er hier den typischen irrationalen Einwänden (wohl besonders vonseiten der lediglich streng statt tief Religiösen) zuvorzukommen, denn recht betrachtet gibt es nicht den geringsten Anlass, zu Zwecken einer Rangbestimmung den Koran mit den Naturwissenschaften (deren Begriff sich noch vor dem gesicherten Teil ihrer Ergebnisse durch ihre etablierten Methoden bestimmt) zu vergleichen.

Einen Anlass hierzu kann sich wohl nur jemand einbilden, der meint, die Naturwissenschaften hätten vom Anspruch her in sich eine höhere Zielsetzung oder eine Zielsetzung, die mit derjenigen des Koran jemals in Konflikt geraten könnte. Dem Ehrwürdigen Koran selbst lässt sich nicht nur entnehmen, dass Gott  zu den Menschen sowohl durch die Natur als auch durch die Offenbarung spricht - in der koranischen Terminologie besteht beides aus „Zeichen“ (âyât) -  so dass beide notwendigerweise harmonieren. Mehr noch: Naturwissenschaften sind gar nicht die Natur, sondern unschwer zu sehen allenfalls ein Teil der Mittel, dieses Buch namens Natur zu lesen und vielleicht ein wenig zu verstehen, wie Sprachwissenschaften auch dem Verständnis des Koran dienen, so dass wer Naturwissenschaften mit dem Koran zur Feststellung der Überlegenheit eines der beiden miteinander misst, jemandem gleicht, der versucht, zur Rangfeststellung Sprachwissenschaften mit der natürlichen Schöpfung zu messen... was jemand bei klarem Verstand wohl kaum je als notwendig erachten wird.

Klerikaler Karneval (27. August 2019)

These: Je auffälliger und skurriler die Verkleidung von Klerikern und Gelehrten einer beliebigen Religion ist, desto klarer ist, wie armselig es um die Spiritualität, den Intellekt und die religiöse Bildung des Publikums bestellt ist.

„Muslime“ oder „Moslems“? Zeit für den Sprachstaubsauger (31. Mai 2019)

Ein großer Befürworter von Erbsenzählerei bin ich nicht, aber die Gelegenheit ist gerade aufgrund des gerade aktuellen Vorfalls um eine kulturrassistisch wirkende Bemerkung des CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor recht passend, und der kleine Rat, den ich hier zu beherzigen empfehlen möchte, ist repräsentativ für die Notwendigkeit, in vielerlei anderen Aspekten unserer Verwendung der Sprache im Kontext der Religion Gottes, uns eine gewisse Sprachhygiene anzueignen. Die Art, über etwas zu sprechen - und ja, die Sache ist kommunikationspsychologisch manchmal so sensibel, dass sogar Feinheiten der Phonetik eine Rolle spielen können - beeinflusst nunmal langfristig die Art, wie diese Sache wahrgenommen wird, und welche Gefühle die Umgebung ihr gegenüber hegt.

Zunächst mag sich mancher darauf berufen, die Variante „Moslem“ ließe sich ebenso in deutschen Wörterbüchern unter den eingedeutschten Wörtern finden wie „Muslim“. Das stimmt auch sicherlich, und niemandem soll und wird jetzt deswegen der Kopf abgerissen werden. Dennoch mögen folgende Punkte zum Denkanstoß gereichen:

Als besonders entlarvend hat sich die an „Golem/Golems“ erinnernde Variante bei Philipp Amthor erwiesen. Normalerweise benutzt er anständig das Wort „Muslim“ mit dem Plural „Muslime“ - in dem auf dem aktuell kursierenden Video festgehaltenen Moment jedoch, in welchem er sich anscheinend unbeobachtet glaubt und sich mit einer demonstrativ muslimfeindlichen Haltung potentielle kulturrassistische Wähler versuchsweise zu beeindrucken erlaubt, schaltet er auf Stammtischsprache um: Hier ist keiner von uns Moslem, der das jetzt nicht singen kann.. In seiner Entschuldigung für den Fauxpas heißt es plötzlich wieder: Selbstverständlich kann jeder Muslim die Nationalhymne mitsingen.

Sicherlich ist das nur ein Staubbüschelchen oder gar nur ein Staubkorn, aber es ist nur ein Beispiel von vielen, die zusammen als unappetitliche Staubschicht nach dem Sprachstaubsauger verlangen, und das Kleinvieh hat hierzulande schon viel Sprachmist produziert. Einen Artikel, den ich mal als Gastautor woanders verfasst habe („Ist dieser Hadith gesund?“), bekamen die üblichen Verdächtigen allerdings in den falschen Hals. Als Wohltäter wollte ich ja nicht gerühmt werden, aber etwas Einsicht und der Verzicht auf die Erklärung zum Apostaten hätten vielleicht auch gereicht.

Eigentlich weicht es überhaupt vom Geist des prophetischen Usus (sunnah) ab, sich im nicht-arabischen Kontext auf eine stumme Selbstbezeichnung wie „Muslime“ zu beschränken, denn das Wort muslim war im ursprünglichen Kontext eine sprechende Bezeichnung, d.h. beim Kommunikationspartner kam in letzter Konsequenz nicht das etymologische Rätsel „Muslim“ an, sondern die aufhorchen lassende Bedeutung „(friedvoll) Ergebene(r)“. Aber bevor wir übermütig davon anfangen zu träumen, dass unsere „Community“ eines Tages anfängt, sich einen sinnvollen und intellektuell effektiven Sprachstil anzueignen, bleiben wir vielleicht erst einmal bescheiden und bemühen uns, die gröbsten Schnitzer zu vermeiden, und „Moslem“, die vielleicht letzte Ausweichmöglichkeit der insgeheimen Nazis seit dem Verschwinden von „Muselmann“, scheint dazuzugehören.

والله أعلم




Rückgruß (09. Januar 2019)

Da es wohl doch etwas länger dauern wird, bis sich die Lage hinsichtlich der zeitlichen und die Energie betreffenden Ressourcen genügend lockern wird, gebe ich hier einfach mal ein Lebenszeichen und belasse es dabei, hiermit all jene zurückzugrüßen, deren Fragen unbeantwortet geblieben sind: Auch euch heilvollen Frieden und Gottes Segen und Erbarmen.

Das Zeugnis der Leugner (16. Mai 2018)

Als Kenner des Ozeans der islamischen Überlieferungen und ihrer Natur mag man im ersten Moment verführt sein zu meinen, diejenigen unter den Orientalisten, welche die historische Existenz des Gesandten Gottes Mohammed leugnen, hätten den Verstand verloren, oder wären zumindest wirklich dumme Subjekte, die an einem umgekehrten Erich-von-Däniken-Syndrom leiden, welches sie die in ihrer Unwahrscheinlichkeit wohl gewaltigste Verschwörungstheorie aller Zeiten hat erfinden lassen.

Doch eher das Gegenteil könnte der Fall sein, nämlich dass es sich bei den Leugnern der Historizität der mohammedanischen Person in Wirklichkeit um die Créme de la créme der orientalistischen Wachheit und Intelligenz handelt, während der Rest der nichtmuslimischen Orientalisten im Vergleich dazu etwas schläfrig vor sich hin forscht. Was schließlich bleibt einem, der sich endgültig in die Sackgasse des ausnahmslosen, über alles erhobenen Paradigmas der materiellen Erklärbarkeit aller Dinge manövriert hat, denn anderes übrig, im Angesicht eines nach menschlich-materialistischen Maßstäben unmöglichen, aus dem gesellschaftlichen Nichts aufgestiegenen scheinbaren Multitalents von Kaufmann, Politiker, unnachahmlichem „Dichter“, Philosoph, Jurist, Asket, Theologe, Militärexperte und Eroberer, Soziologe, Kenner seltener Wissenschaften etc. pp., zusätzlich zu seiner charakterlichen Schönheit und Authenzität, als sich - entgegen aller unabweisbaren Evidenz - innerlich darauf zu versteifen, eine solche Person könne nie existiert haben? Während die anderen immer noch verschlafen davon träumen, dieses Phänomen werde sich schon irgendwann irgendwie erklären lassen (Paret flüchtete sich z.B. in die Idee, Mohammed habe einfach mehr oder weniger auf gut Glück improvisiert), sind hier ein paar Leute, die genau erkannt haben, dass sich das Rätsel mit weltlichen Erklärungen niemals wird auflösen lassen, und die daraus die ohne Aufgabe jenes Paradigmas einzig logische Konsequenz ziehen.

In diesem Licht betrachtet liefert das Grüppchen der orientalistischen Leugner der Existenz Mohammeds  unwillentlich eines der größten Zeugnisse für das Gegenteil dessen, woran sie glauben - dafür, dass dieser Mann unter der exklusiven Führung einer überweltlichen Macht stand.

Wie man einen Kindergarten mit dem Bade ausschüttet (02. April 2018)

Vor ein paar Jahren wurden wir geplagt von einer Inflation sogenannter „wissenschaftlicher“ und sonstiger Wunder im Koran oder anderen Dingen im Zusammenhang mit dem Islam, einschließlich der angeblichen Erwähntheit des Betrages Lichtgeschwindigkeit oder irgendeinen Unsinn mit dem Goldenen Schnitt, nach dessen Verhältnis die Kaaba geographisch und ihr Name im Koran textuell positioniert sei. Rekordverdächtig war auch ein Video, in welchem der Moderator irgendwelche Zahlenwerte als Koordinatenpunkte in ein Koordinatensystem eintrug (ich glaube, es waren die Versmengen je Sure), um die Punkte danach recht willkürlich zum Namen ar-raħmân zu verbinden. Zum Fremdschämen auch die nicht weniger verpeilte wie verbreitete Interpretation eines Verses als Vorhersage der Mondlandung, oder die Deutung des endzeitlichen, eindeutig noch in der Zukunft liegenden Phänomens des sich (nach einer Übersetzung) rosenartig auftuenden Himmels als das, was auf einem mit einem Teleskop aufgenommenen Foto einen weit entfernten Himmelskörper darstellt, dessen Form und Farbe auf dem Foto an eine Rose erinnert. Entsprechende Kritik an solchen desaströsen Voreiligkeiten übte ich bereits vor mehr als 10 Jahren in dem einen oder anderen Vortrag, und 2011 musste ich die Lichtwort-Indikatorenliste mit einer Warnung versehen, sich von Internethoaxes aus diesem Themenbereich nicht beirren zu lassen.

Heute erleben wir einen gegenteiligen, nicht weniger schädlichen Trend. Das Konzept der wissenschaftlichen Vorwegnahmen und Erstaunlichkeiten wird von manchen muslimischen religiösen Influencern, insbesondere in den sozialen Netzwerken, rundweg abgelehnt, in Frage gestellt oder nahezu verspottet, zweifellos in dem erhabenen Gefühl besonders aufgeklärt zu sein und für Aufklärung zu sorgen. Mancher hat sich von seiner Aversion gegenüber den obengenannten Fehlentwicklungen so blenden lassen, dass er gar ein ganzes Buch schrieb, um - häufig mit nicht weniger halbseidenen Argumenten - das Phänomen der unzweifelhaft vorhandenen naturwissenschaftlichen Vorwegnahmen im Sendschreiben Gottes zu marginalisieren.

Damals wie heute zeigt sich, wie schwer es uns immer wieder fällt, eine gesunde Mitte zu finden und in einer solchen auch standhaft zu bleiben, und bestätigt sich der alte Verdacht: Die größten Gegner einer wahren Botschaft sind häufig ihre eigenen Anhänger.

Gedanken zum Evangelium (30. Dezember 2017)

Ohne eine wohlbemessene Ausgewogenheit zwischen Individualismus und Kollektivismus lässt sich eine dauerhaft intakte Haltung der Vereinzigung (tawħîd) nicht sicherstellen. Denn sich dem Überanspruch einer Entität absichtsvoll, bewusst und konsequent zu entziehen, kommt der essentiell wichtigen Ablehnung gleich, sie als Herr anzuerkennen, und durch die Wahrung einer individuellen Haltung und einer maßvollen Verfolgung von Eigeninteressen entzieht man sich einerseits Überansprüchen des (potentiell so zu nennenden) Kollektivs, durch konsequente Hilfs- und Kompromissbereitschaft andererseits den Überansprüchen der niederen Selbstheit (nafs).

Hier wird besonders der Wert von Nächstenliebe und das Geheimnis des Gebotes Gottes an die Menschen, sich gegenseitig und anderen Geschöpfen zu helfen, deutlich: Es ist nämlich nichts als eine enorm wichtige Ausprägung des Konzepts der Vereinzigung.

Und einer von ihnen, ein Lehrer des Gesetzes, versuchte ihn und fragte: „Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz?“ - Jesus aber sprach zu ihm: „»Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzem Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand«. Dies ist das höchste und erste Gebot. Das andere aber ist dem gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« . In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“


Und der Schriftgelehrte sprach zu ihm: „Ja, Meister, du hast recht geredet! Er ist Einer, und ist kein anderer außer Ihm; und Ihn lieben mit dem ganzen Herzen, mit dem ganzen Verstand, mit der ganzen Seele und mit aller Kraft, und seinen Nächsten lieben wie sich selbst, das ist mehr als alle Brandopfer und Schlachtopfer.“ -  Da Jesus sah, dass er verständig antwortete, sprach er zu ihm: „Du bist nicht fern vom Reich Gottes.“ Und niemand wagte mehr, ihn zu fragen.

Sofern diese Worte sich in dieser Form tatsächlich auf den Sohn der Maria  zurückführen lassen, woran ich hier, im Unterschied zu anderen Stellen des Neuen Testaments, keinen Zweifel habe: Interessant ist, wie das Konzept der Vereinzigung in seiner allgemeinsten Form als das höchste und erste Gebot bezeichnet wird, so dass klar ist, dass ihm das Konzept der Nächstenliebe für sich allein genommen zunächst nachrangig ist. Dennoch heißt es gleich danach über dieses, es sei „dem (ersten Gebot) gleich“, was sich kaum anders verstehen lässt, als so, dass das Gebot der Nächstenliebe sozusagen eine spezielle Erscheinungsform des ersten Gebotes ist.

Eine zweite Dimension liegt sodann nicht weit entfernt: Wenn schon das erste Gebot lautet, Gott aus ganzem Herzen zu lieben, also außer Gott nichts und niemanden um seiner selbst willen auch nur im geringsten zu lieben, also auch sich selbst nicht, dann liegt als Deutung äußerst nahe: „Liebe deinen Nächsten so wenig (um seiner selbst willen), wie du dich selbst (um deiner selbst willen) lieben solltest“, und zugleich: „Liebe deinen Nächsten so sehr (allein um Gottes willen), wie du dich selbst (allein um Gottes willen) lieben solltest“.

Das Markus-, das Matthäus- und das Lukas-Evengelium überliefern diese Begebenheit weitgehend übereinstimmend. In dem Kontext, den das Lukas-Evangelium zu dieser Begebenheit schildert, entsteht übrigens durch die Erläuterung jenses „zweiten“ Gebots mit dem Verhalten des barmherzigen Samariters stark der Eindruck, dass mit „Nächstenliebe“ dasjenige gemeint ist, dessen Bezeichnung und seine verschiedenen Derivate im Ehrwürdigen Koran in einer kaum zählbaren Vielzahl und im zweiten Namen Gottes (ar-raħmân) vorkommen: Erbarmen (raħmah).

(Nachtrag: 04. September 2018): Das Matthäus-Evangelium gibt die Begebenheit in Mt 22,37 wieder, nimmt das zweite Prinzip aber an einer früheren Stelle in einer interessanten Formulierung erkennbar vorweg, welche darauf hindeutet, dass zumindest der Matthäus-Autor unter Nächstenliebe schlicht versteht, sich im Wert nicht ohne Weiteres als etwas Höheres anzusehen als andere Menschen, bzw. die Konsequenz daraus, nämlich andere so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden wollen würde: Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten.




Bitte kein Bitcoin II (24. Dezember 2017)

Ist aus meinem Kommentar vom 07. Dezember 2017 zu schließen, dass ich den Kauf von Bitcoins oder Anteilen davon für sakrosankt (ħarâm) halte? Abgesehen davon, dass der Kommentar ohnehin kein islamjuristisches Urteil zu fällen beabsichtigte, lautet die Antwort: Keineswegs, ich zitiere die bis heute unveränderte Stelle: Wer nur mit der Absicht der auf Spekulation basierenden Gewinnmitnahme einsteigt [...] Auf lange Sicht ist es gut möglich, dass sich weltweit eine hauptsächliche, Ländergrenzen überschreitende, virtuelle Währung etabliert (obwohl ich persönlich es für wahrscheinlicher halte, dass diese von den Staaten irgendwann streng reguliert oder Online-Shops etc. das Anbieten einer Bitcoin-Zahlungsoption und somit faktisch Bitcoin selber verboten werden wird), und wer dafür vorsorgen möchte oder der Ansicht ist, dass sie bereits begonnen hat, sich zu etablieren, dessen Einstieg ist meines Erachtens nicht weniger zu verurteilen, als die Enthaltung dessen, der am heutigen Standardgeld festhält, dem der intrinsische Wert ja in ähnlicher Weise fehlt. Dieses Festhalten am Standardgeld ist letztlich genauso eine Spekulation auf seine Stabilität oder gar seine langfristige Wertzunahme gegenüber einem Teil der anderen Formen der Wertanlage.

Gemeint ist also in erster Linie die Absicht des bloßen kurzfristigen „Zockens“. Glückspiel ist ja nicht nur sakrosankt, sondern auch eine Großaufsässigkeit, der man fernbleiben, also sich nicht nähern soll - ihm direkt Nahekommendes ist demnach nicht weniger als hochbedenklich, auch wenn es nicht die selbe Stufe der Großaufsässigkeit erreichen sollte. Auch sollte man, nicht nur bei Bitcoin, sondern auch in seinen geschäftlichen Aktivitäten allgemein, Sure 4:29 im Sinn behalten.

Was ist los mit Lichtwort? (16. Dezember 2017)

Lichtwort war nie für Hinz und Kunz eine besonders leichte Kost, ich weiß. Aber ich würde es wohl keinem verübeln, der sich angesichts der Art der meisten in der letzten Zeit veröffentlichten Lichtwort-Texte fragt, ob das noch normal ist: Artikel wie „Wissen um Wissen“, „Vom Begriff des Begriffs“, „Urteil und Erkenntnis“, „Definitionen“, „Induktion als aposteriorisch erworbenes Grundprinzip“ - wer um Gottes willen braucht so etwas?

Ohne mich nun in den Aufwand einer umfangreichen Erklärung zu stürzen, möchte ich beruhigend mitteilen, dass dies voraussichtlich nur eine Zwischenphase ist, und zwar in einem Rahmen, in welchem diese Artikel einer Hauptpublikation „zuarbeiten“, die einem extrem engen, bewusst bedachten potentiellen Leserkreis bestimmt ist.

Danach (und in Grenzen auch währenddessen) wird es, so Gott will, mit Artikeln von der früheren Verdaulichkeit weitergehen.



Bitte kein Bitcoin (07. Dezember 2017)

Trotz der so irrsinnig wie beispiellos angewachsenen Kurshöhe des Bitcoin ist durchaus zu erwarten, dass der Kurs weiter steigt, zumal wir es hier mit einer globalen „Währung“ zu tun haben, die gerade erst begonnen hat, sich zu „etablieren“ und von den Milliarden Bewohnern dieses Planeten noch genug da sind, die wohl noch erst in Zukunft genügend aufmerksam auf diese sogenannte Währung und einsteigen werden.

Nur wenige werden sich der verlockenden mentalen Wirkung entziehen, den der Gedanke an einen Einstieg in die Rallye ausübt, insbesondere bei der Vorstellung, wie reich man möglicherweise geworden wäre, wenn man vor so und so vielen Monaten Bitcoins gekauft hätte.

Machen wir uns aber nichts vor. Ethisch betrachtet ist es bei Bitcoins nicht anders als bei allen anderen Luftschlosswerten. Man denke es konsequent zu Ende, um zugeben zu müssen: Wer nur mit der Absicht der auf Spekulation basierenden Gewinnmitnahme einsteigt, hofft im Prinzip, einen Dummen zu finden, der einem ein Stückchen Nichts für noch viel mehr abkauft, als was man selbst dafür ausgegeben hat. Das System, zu dem der ehemals einigermaßen sinnvolle Bitcoin-Handel geworden ist, beruht auf der gegenwertlosen Schädigung einer Mehrheit von Nichts-Käufern im unteren Teil der Pyramide. Selbst schuld, weil dumm, mag mancher Spekulant über diese denken. Nur sollte man nicht vergessen, dass sie nicht dümmer sind als er selbst, der er vor ihnen eingestiegen ist, es gibt ja kein eindeutiges Vernunftkriterium für die Grenze, ab der man nicht einsteigen sollte.

Wohl besser und einfacher formuliert, aus dem Heise-IT-Forum: Das Zocken funktioniert, so lange wie es immer einen Dummen gibt, der noch mehr Geld für Deine BTC bezahlen wird. Es gibt sicherlich eine Menge Leute, die mit der Spekulation eine Menge echtes Geld gemacht haben und auch noch werden. Aber die haben das Geld nicht geschöpft, sondern einfach von anderen Menschen. Ist wie wenn man an der Börse und beim Bitcoin-Zocken verliert, dann haben das Geld halt andere Menschen. Am Ende - wann das kommt weiß ich nicht, aber ich weiß, daß es kommt - werden die Verlierer vor allem die kleinen Zocker sein, die die zu spät eingestiegen sind und den großen einen zu hohen Preis gezahlt haben. Aber wer tatsächlich in Bitcoin glaubt, kann ja mal seine Altersvorsorge darin anlegen. Und in 20, 30 oder 40 Jahren schauen wir dann noch mal. Es würde mich sehr wundern, wenn dann noch jemand Strom verschwendet um das Bitcoin-Netzwerk lauffähig zu halten.

Auch sollte man nicht vergessen, dass sich der Bitcoin-Wahnsinn zu einer riesigen Umweltschweinerei entwickelt.

Es ist also klar, was (nicht) zu tun ist.




Das eigentliche Problem (30. November 2017)

Das eigentliche Problem ist nicht, dass es in unserer muslimischen Gesellschaft so viele (insbesondere religiös „begründete“) Missstände gibt. Derer gibt es in unserer wie in jeder anderen Gesellschaft auch. Quantitativ vielleicht sogar mehr (ich weiß es nicht), jedenfalls angesichts der Rechtleitung, die uns erreicht hat, und der Vernunft, mit welcher der Mensch ausgestattet wurde, zu schwerwiegende. Doch nicht einmal das ist das eigentliche Problem.

Das eigentliche Problem ist die mangelnde Bereitschaft, Missstände zu beseitigen, oder dies nur mit himmelschreiend defizitären Mitteln und Methoden.


Aphoristisch Vermischtes (09. Oktober 2017)

Bei einigen der folgenden bunt gemischten Gedanken habe ich im Nachhinein den Verdacht, sie schon mal so oder ähnlich irgendwo gelesen oder gehört zu haben. Ich schließe somit nicht aus, dass mein Unterbewusstsein diese kontextlos speicherte und nun als eigene Gedanken ausgibt, weshalb ich bei diesen Gedanken darum vorsichtshalber keine Originalität beanspruche.



Über diese Kommentare (05. Oktober 2017)

Vielleicht sollte ich mal ausdrücklich klarstellen, dass diese Kommentaresammlung für die Äußerung meiner subjektiven Ansichten gedacht ist. Scheinbar apodiktisch Formuliertes auf dieser Unterseite sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie gerade für Gedanken gedacht ist, für die ich nicht immer den Anspruch aufstelle, unanfechtbar richtig zu sein.

Somit sollte eine derartige Redeweise an dieser Stelle nicht mit einer solchen in regulären Lichtwort-Artikeln aus meiner Feder verwechselt werden, und selbst in jenen ist es - meiner Natur als fehlbarer Mensch entsprechend - keineswegs ausgeschlossen, dass ihr Verfasser, wenn es sich nicht gerade um bloße akkurate Wiedergaben unzweideutiger Offenbarung handelt, bei apodiktisch angeführten Aussagen an der einen oder anderen Stelle falsch liegt. Gott  entgelte es dem wahrheitsliebenden Leser, der mich auf solche Fehler hinweist, bestens. Auch sonst möge Er  jede(n) um dieses Projekt Besorgte(n), Fördernde(n) und in welcher Form auch immer Unterstützende(n) in die Reihen Seiner geliebten Auserwählten aufnehmen und sie im irdischen und im nachweltlichen Dasein erhöhen.


Ergänzung zu «Schluss mit Etepetete» (24. September 2017)

Wie bei den meisten in komplexen Zusammenhängen stehenden Standpunkten sind auch bei der im vorigen Kommentar vertretenen Meinung Einwände zu erwarten. Auf solche versuche ich im Folgenden kurz einzugehen. Unter den bisher als Reaktion auf den Kommentar eingetroffenen Einwänden befinden sich, soweit ich das überblicke, keine, auf die der Kommentar nicht schon antizipierend und entkräftend Bezug genommen hat, aber womöglich waren die Bezugnahmen nicht ausführlich oder nicht konkret genug. Darum möchte ich hier etwas näher auf gewisse Argumente eingehen.

Argument Nr. 1: Die islamfeindliche Partei wird die Hürde sowieso überwinden.

Antwort: Das Argument ist ungültig, denn:

Argument Nr. 2: Auch in den anderen Parteien gibt es Islamfeinde.

Antwort: Das Argument ist ungültig, denn der Muslim ist verpflichtet, nach korrekten Gewichtungen zu verfahren. Es gibt außer dieser einen keine einzige Partei mit realistischen Aussichten des Einzugs in den Bundestag, die sich die Bekämpfung der Religion Gottes explizit und einhellig auf die Fahne geschrieben hat und programmatisch verfolgt. Man lese die Schrift Gottes und lerne etwas daraus, dass diese nicht alle Entkennenden (kâfirîn) gleichsetzt, sondern die Speisen eines Teils von ihnen und weibliche Angehörige dieses Teils zu heiraten erlaubte, zumal ihr Glaube nicht ausschließlich entkennerische Inhalte aufweist. Auch an vielen anderen Beispielen aus dem Sendschreiben Gottes und dem Usus Seines Gesandten lernt man etwas über Prioritäten und Gewichtung.

Argument Nr. 3: Egal, wer an der Spitze steht: Wenn die Mehrheit des Volkes gegen den Islam ist, wird er auch streng gegen ihn sein.

Antwort: Das Argument ist ungültig, denn:

Argument Nr. 4: Wir dürfen keinen Götzendienst betreiben, Demokratie ist aber ein Götze, Demokratien haben sich am Terror beteiligt, nur Gott darf Gesetze bestimmen etc.

Antwort: Die Argumente sind ungültig, denn:


Jetzt ist auch mal Schluss mit Etepetete (23. September 2017)

(Die grammatisch maskuline Form meint natürlich sowohl weibliche als auch männliche Personen.)

Aus moralisch-islamischen Gründen war ich bisher die allermeiste Zeit meines Lebens Nichtwähler. In der Regel war die Wahl einer Partei gleichzeitig eine Hilfe für sie, auch ihre unmoralischen Vorhaben umzusetzen, oder die Zeit für alternative Aktivitäten anstelle der Wahl aufzuwenden, versprach aufgrund der praktisch nicht-existenten Chancen der Partei sinnvoller zu sein.

Diesmal jedoch sind wir mit einer neuen Situation konfrontiert. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass mit dieser Bundestagswahl zum ersten Mal in der deutschen Geschichte die Fünfprozenthürde von einer Partei überwunden wird, deren Ausrottungskampf gegen die Religion Gottes praktisch expliziterprimärer und integraler Bestandteil ihres Programms ist.

Aus einfachen mathematischen Gründen trägt jeder nichtwählende Wahlberechtigte zur Überwindung der besagten Hürde bei. Auch unabhängig von dieser Hürde kommt seine Enthaltung einer der Realität und den Fundamenten der Offenbarung eklatant widersprechenden Gleichsetzung aller potentiellen Bundestagsparteien (und -programme!) gleich. Das war früher auch einigermaßen legitim, denn kein Parteiprogramm hatte eindeutig und ausdrücklich etwas gegen die Religion Gottes, und zwischen den umfangreichen Programmen nach den Maßstäben der Schrift Gottes abzuwägen, war eine den durchschnittlichen Ergebenen überfordernde Angelegenheit. Das ist jetzt offensichtlich anders. - Diesmal hilft der muslimische Nichtwähler sogar dabei, den Gottes- und Menschenfeinden zusätzliche Sitze und somit zusätzlichen Einfluss im Bundestag zu ermöglichen. Aufgrund der hiesigen Gesetzeslage für Bundestagsparteien trägt er auch zum finanziellen Machtzuwachs der Partei bei. Was das für ihre Möglichkeiten bedeutet, noch effektiver an der Machtübernahme in diesem Land zu arbeiten, kann jeder selbst ausrechnen.

Wer an Gott und den Jüngsten Tag glaubt und eine einigermaßen realistische und offenbarungskonforme Prioritäten- und Gewichtungsrangfolge kennt – selbst wenn er dem demokratischen Gedanken ansonsten kritisch gegenüberstehen sollte – weiß, was zu tun ist.

Jedenfalls sollte er sich nicht einbilden, seine abstrakten und womöglich weithergeholten ideologischen Bedenken würden am Jüngsten Tag auch nur im geringsten Maße als Entschuldigung für eine passive (und im Endeffekt aktive) Beteiligung am Kampf gegen Gott und Seinen Gesandten geeignet sein.


Subkonfessionelle Sümpfe (02. September 2017)

Salafis sagen Sufis nach, sie glaubten an eine Gottesähnlichkeit von Menschen. Sufis sagen Salafis nach, sie glaubten an eine Menschenähnlichkeit Gottes. - Gott gehört das Lob, der den Verständigen den Weg der Mittigkeit deutlich macht.

Ansonsten wirklich schade um die vielen Geschwister, die sich, obwohl nicht unintelligent, jahrelang so tief in einen ideologischen oder subkonfessionellen Sumpf hineingeritten haben (bzw. hineinreiten haben lassen), dass sie aus eigenen intellektuellen Kräften nicht mehr herauskommen. - Man kann versuchen, einigen von ihnen zu helfen, aber gleichzeitig reiten hunderte andere in denselben Sumpf hinein.


Nicht proportional: Vernünftigkeit und Beifall (02. September 2017)

Man erwarte nicht, dass die vernünftigsten Standpunkte, weil sie die Vernünftigsten sind, den meisten Beifall bekommen werden. Den Beifall der Vernünftigen hört man kaum, weil sie eine Weile darüber nachdenken müssen, und den der Idioten sowieso nicht, weil sie es nie kapieren werden.


Der Mensch und seine Probleme (16. August 2017)

Ein paar nicht oder nur lose zusammenhängende Gedanken rund um den Begriff des Problems:


Gedanken zum technologischen Stand der islamischen Welt (15. August 2017)

Persönlich bin ich ja nicht der Meinung, dass die islamische Welt zur Selbstaufwertung unbedingt selbst Flugzeuge bauen, Autos produzieren und grandiose Technologien hervorbringen müsse, statt diese nur zu importieren. Davon ist weder ihre Ehre abhängig, noch ist es meines Erachtens die Voraussetzung zur (Wieder-)Erlangung von Machtwürde. Wenn Gott  will, stellt er einem nicht-industrialisierten Volk alle industrialisierten Völker in den Dienst (und zwar wirklich - u.a. politisch, psychologisch und emotional bedingt - und nicht nur so, wie manche arabische Ölnation suggeriert, den Westen „in der Hand zu haben“, ohne etwas für unterdrückte Glaubensgeschwister tun zu können), beispielsweise so, wie Er den Quraysch des ersten islamischen Jahrhunderts die Verantwortung über viele Völker und ihre Erzeugnisse anvertraute, oder auf andere Weise.

Nichtsdestotrotz ist die Schwäche wenn nicht aller muslimischen, so doch der orientalischen, besonders der arabischen Nationen, auf diesem Gebiet ein auffälliges Phänomen, das die Frage nach seinem Hintergrund aufwirft. Woher kommt es, dass in jenen Gesellschaften eine wichtige Eigenschaft, die eine die Grenze einer gewissen kritischen Masse übersteigende Anzahl von Individuen als eine der Voraussetzungen für breite innovative Entwicklungen haben muss, nämlich der Tüftler-Ehrgeiz, so schwach ausgeprägt ist?

Wer in beiden Gesellschaften aufgewachsen ist, wird die folgende (Teil-)Erklärung als eine Plausibilität wahrnehmen, die sich mit seinen Erfahrungen deckt: Die gesellschaftliche Wertschätzung von Intelligenz, besonders der innovativen und lösungsorientierten, und ihrer Steigerung, der Genialität, ist schlichtweg unterschiedlich, in westlichen Gesellschaften stark und in orientalisch-arabischen schwach ausgeprägt. Eine der großen Antriebsfedern des Tüftlers ist nunmal die erhoffte Anerkennung seines Werks oder auch einfach die erhebende Vorstellung, vor den eigenen Augen einem gesellschaftlich etablierten Heldenideal zu entsprechen, doch wenn die Gesellschaft sich nicht für Manifestationen von besonderer Intelligenz, die innovative Technologie nunmal ist, interessiert, ist weder eine solche Anerkennung noch die Etabliertheit jenes Ideals in diesem Sinne zu erwarten.

Soweit ich mich zurückentsinne, gibt es in der traditionellen orientalischen Gesellschaft, wie ich sie von kleinauf kennengelernt habe, von jüngeren Ansätzen des Umdenkens abgesehen, zwar durchaus Bewunderung für „intellektuelle“ Gaben und Leistungen, jedoch eher für solche in Form von bloßem „Wissen“ und großen Mengen auswendiggelernter und einwandfrei wieder abgespulter Information (nur Mathematik scheint aus irgendeinem Grund einigermaßen eine Ausnahme zu sein). Dementsprechend kann man als guter Auswendiglerner dort zu großen Ehren kommen, und entsprechend hoch ist der Ehrgeiz und die Anzahl der Auswendiglerner - Intelligenz hingegen wird weitgehend ignoriert, wenn ihr nicht gerade gar misstraut wird, oder, noch schlimmer: mit Wissen verwechselt. Im Westen wird der bloße Auswendiglerner nicht selten belächelt, im Extremfall hat er mit Kopfschütteln zu rechnen (was nicht in jedem Fall berechtigt ist).

Wie schon eingangs gesagt ist eine kulturelle Reform in diesem Sinne wohl keine notwendige Voraussetzung für die Wiederkehr des Glanzes, nach dem sich viele Muslime sehnen (was m.E. Gedankenzeitverschwendung ist). Eine Hässlichkeit ist die Missachtung einer wertvollen Gabe und mit ihr verbundener Leistungen jedoch allemal.


Selbstständiges Denken (14. August 2017)

Das Marktangebot an religiöser Literatur lässt sich als Bestätigung für eine bitter schmeckende Ahnung ansehen: Viele suchen nicht das, was ihr selbstständiges Denken unterstützt, sondern das, was ihnen das selbstständige Denken abnimmt.


Ein Darwinist verspricht sich (04. Juli 2017)

Selbst der in heutiger Zeit profilierteste und auf internationaler Ebene für den Atheismus geradezu missionarisch aktivste Darwinist, Richard Dawkins, musste während eines Interviews mit Ben Stein nicht nur zugeben, dass der Ursprung des organischen Lebens völlig ungeklärt ist, und dass er nicht wisse, warum er für eine Nicht-Existenz Gottes von einer weit über 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit ausgehe, sondern mehr oder weniger auch - trotz oder gerade wegen der stark herumdrucksend wirkenden Formulierungen und Attitüde für seine Anhänger beunruhigend -, dass sich in biochemischen und molekularbiologischen Aspekten der Lebewesen klare Hinweise auf das Wirken einer übergeordneten Intelligenz finden ließen (Hervorhebungen nachträglich): It could be that, at some earlier time somewhere in the universe a civilization evolved by probably some kind of Darwinian means to a very, very, high level of technology and designed a form of life that they seeded onto, perhaps, this planet. Now, that is a possibility and an intriguing possibility and I suppose it’s possible that you might find evidence for that. If you look at the B cell, details [ / D cells?] of biochemistry, molecular biology, you might find a signature of some sort of designer. And that designer could well be a higher intelligence from elsewhere in the universe..

Es ist angesichts des vielen „could be“ und „perhaps“ eine Herausforderung, Dawkins mit diesen Worten wirklich auf etwas festzunageln, aber die Gesamtheit mehrerer Auffälligkeiten seiner Aussage und der Interviewsituation ist schon recht verräterisch dafür, dass er wohl mehr weiß oder zumindest glaubt, als er medial aufzeichnen zu lassen bereit ist:

Sein späterer Versuch, die Aussagen u.a. damit zu relativieren, dass er sich an jenem Tag besonders „großzügig“ gefühlt haben müsse, und dass er nicht gewusst habe, dass er es mit Befürwortern des ID-Ansatzes zu tun gehabt habe, ist jedenfalls nicht gerade über alle Maßen überzeugend...


Fatale Dialektik (03. Juli 2017)

Als auf Mittigkeit und Ausgewogenheit Wert legender Ergebener sollte man sich im Klaren darüber sein, dass der Verlauf der islamischen Geistesgeschichte von zwei einander entgegengesetzten Strömungen geprägt ist, von denen keine von ihrer Destruktivität freigesprochen werden kann. Beider extremer Charakter geht mit ihrem auffälligen Profilierungsbestreben einher.

Die eine Strömung wälzte sich in der Propagierung ihres selbstgestrickten Nimbus, demzufolge sie die große Trägerin des Banners der Rationalität und Vernunft sei, während sie die Anderen, nämlich die auf die Primärtexte Pochenden, als „strohdumme“ Frevler darstellte. In Wirklichkeit war sie in der Weckung des bloßen Eindrucks der Rationalität fähiger als darin, sich konsequent an rationale Prinzipien zu halten. Das hatte fatale Folgen: Der eine Teil der Menschen ließ sich von der Propaganda blenden, vertraute der Strömung und übernahm auf Basis dieses Vertrauens auch ihre heterodoxen Thesen. Der andere Teil, welcher die enorme Fehlerhaftigkeit und Quellenferne der Strömung und ihrer Thesen erkannte, entwickelte eine starke Abneigung gegen jegliche rationale Vorgehensweise mindestens auf dem Gebiet der Primärtheologie.

Die entgegengesetzte Strömung beging im Prinzip denselben Fehler. Sie perfektionierte sich darin, den (selbst geglaubten) Anschein zu wecken, die schriftentreueste Gruppe und somit die auserwählte Elite der islamischen Nation zu sein, ohne dem Anspruch wirklich Genüge zu leisten. Die Folgen sind ebenfalls zweigeteilt: Der eine Teil der Menschen ließ sich von der Propaganda blenden, vertraute der Strömung und übernahm auf Basis dieses Vertrauens auch ihre heterodoxen Thesen. Der andere Teil, welcher die haarsträubende Irrationalität und Realitätsferne der Strömung und ihrer Thesen erkannte, entwickelte eine starke Abneigung gegen Argumentationen auf der Basis des Wortlauts der Primärtexte, was teils in die ausgeprägte Tendenz mündete, die Hadithliteratur zu marginalisieren oder ihr gar jegliche Relevanz abzusprechen.

Beide Haltungen existieren in der einen oder anderen Form bis zum heutigen Tag und sind Reaktionen aufeinander. Wer „angefangen“ hat, lässt sich kaum feststellen und ist ein Henne-Ei-Problem.

Die korrekte Haltung ist jedenfalls die der Ausgewogenheit: Die Vernunft ist zu begrenzt, um ohne Offenbarung auszukommen, und ohne Vernunft lässt sich Offenbarung nicht identifizieren und verstehen. Sogenannte Verstandestätigkeit ist fehleranfällig, sogenannte Offenbarung aber auch nicht immer authentisch genug und nicht immer klar. Darum hat das Gleichnis Al-Ghazaliys bis heute nichts von seiner Schönheit (aber auch nicht von seiner Missverständlichkeit) verloren: Offenbarung ist von außen kommender Verstand, und Verstand ist von innen kommende Offenbarung.


Ist Gesichtsverschleierung eine Art Telefonat? (27. März 2017)

Eigentlich sollte man meinen, dass es offensichtlich ist, dass Gesichtsverschleierung eine die Interaktion und Kommunikation erschwerende, einschränkende oder behindernde Anormalität ist. In diesem Zusammenhang haben niqâb-Liebhaber in letzter Zeit ein neues Argument gefunden: Beim Telefonieren sei es ja auch normal, den Gesprächspartner nicht zu sehen.

Hört sich im ersten Moment einleuchtend an. Was die Person, die das Argument erfunden hat, jedoch vergisst: Gemessen am Normalzustand, der in der Unhörbarkeit aufgrund der geographischen Entfernung liegt, erhöhen Telefongespräche die (hier akustische) Wahrnehmbarkeit, während die Gesichtsverschleierung gemessen am Normalzustand, der in der visuellen Erkennbarkeit beim Präsenzdialog liegt, die Wahrnehmbarkeit verringert.


„Intelligent Design“ (09. März 2017)

Ein Grundfehler der institutionellen und anderer Verfechter des Intelligent Design ist, diese Theorie dezidiert als Alternative zur Evolutionstheorie ins Rennen zu schicken. Dass sie häufig nicht ernstgenommen und teils sogar bekämpft wird, um sie von dem Kanon der traditionellen Naturwissenschaften fernzuhalten, ist nichts, worüber sie sich wundern oder gar beklagen sollten. Gegen ernsthafte akademische Bemühungen im Zeichen des „Intelligent Design“ ist ja überhaupt nichts einzuwenden. Es muss jedoch begriffen werden, dass Naturwissenschaften klären wollen, wie Natur funktioniert, per definitionem ist ihre Spielregel und ihr Ziel, soviel Natur wie möglich ausschließlich mit Natur zu erklären. „Intelligent Design“ kann bei diesem Spiel überhaupt nicht mitspielen, da dieser Forschungsrichtung der gegenteilige Zweck zugrundeliegt, nämlich soviel Natur wie möglich ausschließlich ohne Natur zu erklären. Dieser Zweck ist durchaus legitim und hat seine wissenschaftliche, nicht aber seine naturwissenschaftliche Berechtigung, zumal durch ihn, egal wie beweiskräftig „Intelligent Design“ sein mag, nicht das Geringste Neue zur Erhellung der Funktionsweise der Natur beigetragen wird.

Darum sollten ID-Apologeten aufhören, ID in den Biologieunterricht zu zwingen zu versuchen und es für etwas auszugeben, was es nicht ist, sondern sich für diese Forschungsrichtung nach einem wissenschaftlichen Biotop umsehen, in das sie hineinpasst und als wissenschaftliche Bemühung gewürdigt werden kann, besonders die Philosophie oder Theologie, in denen sie einen eigenen Forschungszweig darstellen kann. Andernfalls müssen die Verfechter des „Intelligent Design“ sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie selbst zur Degradierung theistischer Wissenschaft beitragen, weil sie offenbar der Theologie - genau wie ihre Kritiker - nicht zutrauen, theistische Wissenschaft überzeugend zu vermitteln, und zwar so wenig, dass sie verbissen versuchen, Aspekte theistischer Wissenschaft in das Deckmäntelchen der Naturwissenschaften zu kleiden.


„Noch nicht aufgelöst“ (08. März 2017)

Offenbar sind sich auch Christen, die vorgeblich an eine vollständige Irrtumslosigkeit und Unfehlbarkeit der Bibel glauben, des Vorkommens von schwerwiegenden Widersprüchen in ihr durchaus bewusst, sprechen aber von „noch nicht“ aufgelösten Widersprüchen (s. Chicagoer Erklärung der evangelisch-reformierten Kirche 1978). Das Auftreten von Widersprüchen in der Bibel ist für sie also deswegen kein Beweis für ihre allgemeine Unzuverlässigkeit, weil es ja sein könne, dass es Widersprüche sind, die lediglich noch nicht aufgelöst worden sind. - Selbst wenn in der Bibel kein Widerspruch zu finden wäre, dessen Auflösung ausschließbar ist, stellt sich hier allerdings die Frage: Wenn man es für möglich hält, dass sich seit über 2000 Jahren bestehende, quasi-eindeutige Disharmonien der Bibel irgendwann einmal doch als Harmonien herausstellen, müsste man es nicht fairerweise auch für möglich halten, dass sich bisher quasi-eindeutige Harmonien der Bibel irgendwann als Disharmonien herausstellen?


Im Dialog mit den Kindern des Satans (13. Februar 2017)

Ganz wichtig beim Dialog mit Pegidisten und Volksgötzenanbetern: Auf ihre „alternativen Fakten“ und üblichen „Argumente“ mit Gegenargumenten und formalen Entkräftungen zu antworten, hat in sich keinerlei Nutzen. Denn schon bald stellt sich heraus: Es interessiert sie nicht im Geringsten, ob das, was sie erzählen, wahr ist. Vielmehr interessiert sie nur eine einzige Sache an diesen Dingen: Dass sie stigmatisieren, provozieren und verletzen.

So gehen beim Twittern mit Pegidisten deren propagandistische Retweet-Orgien los, sobald man die kerntheologische Diskussion beiseite lässt und sich auf ihren provokanten Müll einlässt. Umgekehrt verhält sich die Filterblasenmeute erfahrungsgemäß ganz still, während man einen von ihnen geduldig zum Weg der Vereinzigung zu führen versucht.

Auch, falls man letztendlich niemanden wirklich zur Vereinzigung Gottes bringen können sollte: Wenn man sie dadurch hinhalten kann, so dass sie ihr Gift nicht oder nur noch in geringem Maße verbreiten, ist dies ein Gewinn.

Darum: Immer rechtzeitig zum wichtigen Thema umschwenken!


Worin Chauvinismus und Rassismus wurzeln (04. Januar 2017)

Chauvinismus und Rassismus dürften mit hoher Sicherheit im Narzissmus wurzeln (oder einer in den Effekten äquivalenten Persönlichkeitsstörung). Da die Psyche des Narzissten danach strebt, sich diesen vor sich selbst als so gut wie möglich hinzustellen, sucht sie anhand der Instrumente des Intellektes, der Wahrnehmung oder was sie dafür hält, nach möglichst vielen Argumenten, welche diese persönliche Höherstellung begründen.

Was läge da näher als die Vorstellung, dass schon die Eigenschaften der Gruppe oder Kategorie, der man angehöre, die eigene Person wenigstens von einem großen Teil der Menschheit abhöben, nämlich von den anderen Gruppen und Kategorien, die es so gibt (und sei es zunächst auch nur eine andere Gruppe, solange sie groß genug ist)? Natürlich begnügt sich der Narzisst nicht mit diesem Argument, zumal es ihm zu wenig ist, nur zu einer besseren Gruppe zu gehören. Verzichten kann er auf dieses Argument aber auch nicht.

Der nächste Schritt dürfte für ihn sein, sich zu verschiedenen Gruppen - gleichwohl in begrenzter Anzahl - zu zählen, zugunsten derer er die anderen diskriminieren kann, um das eigene Individuum als einmalige Schnittmenge dieser Gruppen zeichnen zu können.


Ein Glücksturbo (13. Dezember 2016)

„Wie: Gottesfurcht? Muss ich vor Gott Angst haben?“ So oder ähnlich wurde der Befürchtung, man müsse als gottesfürchtiges Individuum ob der permanenten Furcht ein unglückliches Leben fristen, schon häufig Ausdruck verliehen. Gerne wird relativiert: „Nein, nein, das hast du völlig falsch verstanden, denn gemeint ist nur Ehrfurcht.“ Als ob begriffsgeschichtlich mit Ehrfurcht nicht ursprünglich tatsächliche Furcht gemeint gewesen sein dürfte.

Dabei ist gerade die Gottesfurcht (solange nicht völlig irrational und unreguliert) zwar nicht der allein hinreichende, aber doch einer der wichtigsten Bausteine des individuellen Glücksempfindens. Die Begründung ist relativ einfach: Jemand, der sich vor ungezügeltem Denken und Verhalten hütet, weil er Furcht vor der Gerechtigkeit Gottes hegt und dem, was an Vergeltung einhergehen kann, ist sich bewusst, das seine aktuelle Situation von Gott augenblicklich mit etwas unvorstellbar Schlimmem ersetzt werden könnte - somit ist er sich auch bewusst, so schwierig seine Lage womöglich momentan auch sein mag, dass diese vergleichsweise hervorragend ist, und er ist imstande, Freude über sie und Dankbarkeit zu empfinden. Jemand, der Furcht hegt, kann dies immerhin nur, wenn er sich der Werte, die er verlieren könnte, bewusst ist. Zugleich weiß er, dass diese seine Furcht dazu beiträgt, dem potentiellen Negativen zu entgehen, und sie schon für sich dem Wohlgefallen Gottes entspricht, was sein positives Empfinden weiter fördert. Hingegen mag der „Furchtlose“ (in Wirklichkeit nur Andersfürchtige) dieses potentielle Negative permanent ausblenden und meinen, dies beuge innerem Leiden vor, doch in Wirklichkeit birgt dies die Gefahr, seine gute aktuelle Situation nicht schätzen zu können, was wiederum oft mit Unzufriedenheit einhergehen dürfte.

Derweil ändert all dies nichts an der Tatsache, dass die Aussage, man müsse vor Gott „Angst“ haben, in dieser Formulierung durchaus kritikwürdig ist, zeugt sie doch von einem beunruhigenden Maß an sprachlicher Inkompetenz.



Die Glückbremse (14. November 2016)

Schon seit Längerem finde ich es bemerkenswert und geradezu paradox, dass es den Menschen immer besser geht, sie immer mehr und immer erstaunlichere Dinge nutzen oder besitzen, von einem zunehmenden medizinischen Fortschritt profitieren, noch vor nur 25 Jahren heute normale Möglichkeiten nicht hatten, ohne die sich jeder Westbürger in der tiefsten DDR fühlen würde, sich mit ihren Familienangehörigen rund um den Globus in Bild und Ton nonstop kostenfrei unterhalten können (früher musste man sich aus Kostengründen u.U. auf wenige Minuten im Monat beschränken) und ein Wunder nach dem anderen erleben und erlangen - und sie sich dennoch nicht besser fühlen (und das eben nicht weil die Spitze des Gefühls erreicht wäre), sondern im Großen und Ganzen konstant gleich gut oder schlecht, und viele - teils zunehmend - schlechter.

Woran liegt das? Wenn man einem von ihnen die vielen erstaunlichen Wohltaten, die er genießt, ins Gedächtnis ruft, und ihn fragt, warum er nicht froh und dankbar ist, dann kann man sich darauf gefasst machen, dass die gelangweilte Antwort lautet: „Das hat doch jeder“, oder: „Das ist doch heute Standard.“ Es mag schockieren, aber in anderen Worten sagt er in etwa nichts anderes als: „Solange andere das Gleiche auch haben und nicht ich alleine, macht es mich nicht dankbar.“

Die Ergebung ist eine Religion der Mitte, also auch zwischen Individualismus und Kollektivismus - doch eine ewige Glückbremse des Menschen ist, wie wir nun gesehen haben, eine pervertierte individualistische Haltung, und im Umkehrschluss bedeutet dies, dass, wenn das Individuum etwas mehr (und aufrichtiger!) in den Kategorien der Gemeinschaftlichkeit und Menschenverwandtschaft denken würde, es in der Lage wäre, sogar für das dankbar zu sein, was andere haben, und Freude darüber zu empfinden.


Dummheit bestrafen? (22. September 2016)

Nicht immer regt sich in einem Mitleid, wenn ein Anhänger des gleichen Glaubens Schikanen ausgesetzt wird. Manchmal scheint es einfach das Beste für ihn/sie und andere, wenn seine/ihre Dummheit bestraft wird.

Andererseits stellt sich wiederum die Frage, ob es wirklich einen Nutzen bringt, Dummheit zu bestrafen. Es steht nämlich zu befürchten, dass, egal wie hart die Strafe ist, der Dumme, weil er eben dumm ist, nichts aus ihr lernen wird. Etwas anderes als Mitleid - nicht zuletzt auch, weil es einen selbst treffen kann - bleibt also häufig nicht übrig.



Paradoxe Ħaramisten (08. September 2016)

Auf den ersten Blick scheint es völlig paradox, wenn manche muslimische Jugendliche auch bei guten Beweisführungen, dass etwas entgegen der landläufigen Meinung doch nicht ħarâm ist, geradezu auf die Barrikaden gehen und mit aller Verzweifelung versuchen, das ħarâm-Urteil aufrechtzuerhalten. - Psychologisch ist genau dies jedoch bei einem Teil der Menschen zu erwarten. Die strenge Einhaltung korsettartiger und absurd realitätsferner Normen, die sich als bloße Pseudonormen entpuppt haben, vermag niemandem Respekt einzuflößen. Wenn manche deswegen aber irgendwann niemanden und auch sich selbst nicht mehr mit der Einhaltung solcher Normen beeindrucken können, bleiben befürchtungsweise für diesen Zweck nur noch Qualitäten, die außerhalb ihrer Recihweite liegen: Zum Beispiel gute Wesensart und Intelligenz.



Dawkins - na, so ein Zufall aber auch! (08. September 2016)

Vielleicht gehört es zu dem, was man gemeinhin als Zufall bezeichnet, dennoch finde ich es interessant: Gerade schrieb ich an einem philosophischen Sketch (für mich persönlich, als denkerische Methode) mit einer an Richard Dawkins angelehnten Figur als Hauptperson der Geschichte, in der es 1.) hauptsächlich um Moral und ethisches Urteilsvermögen geht, 2.) damit beginnt, dass die Hauptperson von Alpträumen geplagt wird und 3.) an einer Stelle eine gewisse Geisteskrankheit aufblitzen lässt, da entdecke ich, nachdem der größte Teil der Geschichte geschrieben war, ohne nach der Thematik oder nach etwas mit Dawkins Zusammenhängendem zu suchen, ein stern.de-Interview mit diesem geradezu missionarisch predigenden Atheisten. Der Link kam mir auf Twitter in meiner Timeline „zugeflogen“, da bemerke ich beim Lesen, dass im Interview u.a. ziemlich genau die eben genannten Aspekte angesprochen werden: Moral und Dawkins' absurde nächtliche Träume, und das Interview trägt den ihn zitierenden Titel: „Jede Nacht werde ich vorübergehend geisteskrank“!

Vielleicht sollen mir diese Koinzidenzen andeuten, dass ich den Sketch doch veröffentlichen sollte... Jedenfalls weist das Interview aufschlussreiche Stellen auf. Es lässt sich ahnen, was ein wichtiger Grund für Dawkins' missionarischen Eifer und seinen Hass gegen die Schriftreligionen mit ihrer u.a. Selbstbeherrschung und Keuschheit predigenden Moral: Der in Talkshows leicht cholerisch veranlagt erscheinende Buchautor hat einfach bereits eine andere Religion, und diese verträgt sich mit den anderen Religionen nicht: Den Hedonismus. Auf die Frage, welche der christlichen sieben Todsünden die ihm liebste sei, sagt der Darwinismus-Experte, der dem Alkohol übrigens nicht ganz abgeneigt zu sein scheint: Die Lust. Ganz eindeutig die Lust. Sex bedeutet mir viel, weil es eine der großartigsten Erfahrungen im Leben ist, die auch mit den Jahren nichts von ihrem Zauber verliert.. Ob er etwas bereut? Als einziges nennt er: Nicht genug Sex!

Das Verständnis des Hedonisten von Ethik ist ebenfalls sehr aufschlussreich: Es ist schön und gut, der einzige Kriminelle in einem anständigen Gemeinwesen zu sein. Dabei geht es nicht um ein abstraktes moralisches Prinzip, sondern um handfeste Gründe, warum es vernünftig ist, moralisch zu handeln und eine gerechte Gesellschaft zu haben.

An einer Stelle wirken seine Worte auffällig wie die eines evangelikal-religiösen Sektenmitglieds und lassen spüren, dass der Mann bei weitem nicht wie er gerne behauptet, aus rationalen Motiven handelt, sondern schlicht aus einer Art Sadismus und Rage, die Vorstellungen anderer Menschen zu zerstören. Im Zusammenhang mit einer Frage nach Jesus, wenn er ihn nach dem Tod treffen würde, sagt er nämlich: Heute wäre er vermutlich Atheist. Ich würde ihm gern von Darwin erzählen und ihn davon überzeugen, dass alles, woran er glaubte, falsch ist. Auch auf die Frage, ob man als Atheist gelassen sterben könne, klingt er auf geradezu absurde Weise religiös: Als Christopher Hitchens vor einigen Jahren die Krebsdiagnose bekam, stellte er sich offen und mutig dem Tod und ließ sich in seinem Unglauben an Gott nicht beirren.

Zu guter Letzt ist Dawkins sich im Innersten scheinbar doch bewusst, dass er mit seiner ideologischen Identität keine Lebensentscheidung getroffen hat, die es ihm in einem gerechten Jenseits gut gehen lassen könnte: Wenn mir irgendwas am Tod Angst macht, dann die Vorstellung von der Ewigkeit, deshalb stelle ich mir den Tod wie eine Vollnarkose vor, nach der man nichts mehr spürt.

Wissen und Glauben (29. August 2016)

Heutzutage, besonders im westlichen Kulturkreis, ist es üblich, Glauben scharf vom Wissen zu trennen, als zwei unvereinbare Konzepte. In ein und derselben Person könne ein Gegenstand des Glaubens nie Gegenstand des Wissens sein, und umgekehrt.

Dass dies aber eine weltanschaulich bedingte Fehleinschätzung ist und Glauben und Wissen sich in Wirklichkeit keineswegs widersprechen, hat u.a. damit zu tun, dass der Mensch von Natur aus nicht nur ein potentiell rationales, sondern zugleich ein potentiell irrationales Wesen ist.

Durchaus muss an gewonnenes Wissen unter Umständen zusätzlich geglaubt werden. Die Frage, wozu ein solches Glauben, wo doch ein Zweifel an als solches erwiesenes Wissen irrational wäre, findet ihre Antwort eben darin, dass der Mensch als durch psychologische Faktoren beeinflussbares Wesen stets von Irrationalität bedroht ist. Glauben an Gewusstes ist hier also die Bemühung um den Selbstschutz und im Extremfall der Kampf gegen das Absinken ins Irrationale.


Die Grundlage der Barmherzigkeit und Gerechtigkeit des Gottesknechtes (24. August 2016)

Der rechtschaffene Knecht Gottes eignet sich die Wesensarten der Barmherzigkeit und der Gerechtigkeit nicht deswegen an, weil er der barmherzigen und gerechten Gottheit  ähneln möchte, sondern weil er weiß, dass ein wahrhaft barmherziger Schöpfer barmherziges Handeln und ein wahrhaft gerechter Schöpfer gerechtes Handeln liebt und von seinen Knechten fordert. Und des Gottesknechtes all sein Denken und Handeln bestimmende Liebe zu Gott  lässt ihn wünschen, dass sich diese Eigenschaften Gottes so sehr und breit und bald wie möglich in der Realität manifestieren. Seine Liebe ist so gewaltig, dass dieser Wunsch wiederum so stark ist, dass er sich selbst ungefragt zum Werkzeug der Barmherzigkeit und Gerechtigkeit Gottes zu machen bestrebt ist, um diese den Geschöpfen so bald wie möglich zukommen zu lassen.

Wer jemanden nicht liebt, wird womöglich schlecht von ihm denken, und zu solch einem schlechten Denken gehört, jener wertschätze Barmherzigkeit oder Gerechtigkeit nicht. Der rechtschaffene Knecht liebt Gott  hingegen so sehr, dass er als naturgemäßes Resultat dieser Liebe gut von Ihm  denkt und folglich fest daran glaubt, dass Gott die Barmherzigkeit und die Gerechtigkeit liebt. Und da ein Liebender das liebt, was der Geliebte liebt, liebt auch er Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Und niemand liebt Barmherzigkeit und Gerechtigkeit aufrichtig, ohne sich zu mühen, barmherzig und gerecht zu sein.



Wie nah sind wir dem totalen Frieden? (26. Juli 2016)

Die provokanten Ergebnisse der Untersuchungen von Prof. Steven Pinker (Amnesty-Bericht), nämlich dass an prozentualen Zahlen gemessen die Welt insgesamt friedlicher und gewaltloser geworden sei als früher, kann ich durchaus nachvollziehen. Seine Interpretation der Ergebnisse hinsichtlich der Erklärung für das Phänomen halte ich derweil zwar nicht für völlig abwegig, aber doch nicht wirklich ausreichend: So haben zum Beispiel demokratische Regierungen dafür gesorgt, dass sich Menschen nicht mehr wahllos die Köpfe einschlagen. Der Aufstieg des Handels führte dazu, dass Menschen lebendig mehr wert waren als tot, denn mit Leichen macht man keine guten Geschäfte. Sobald Menschen anfangen zu handeln, ist es plötzlich billiger, Dinge zu kaufen als zu stehlen. Auch die Alphabetisierung hat beim Rückgang der Gewalt eine Rolle gespielt. Wenn wir Romane und Zeitungen lesen, lernen wir, uns in andere Menschen hineinzuversetzen und für fremdes Leid empfänglich zu werden. Und der Aufschwung von Bildung und Wissenschaft führte wiederum dazu, dass wir Gewalt – so wie Hunger oder Krankheit – als ein Problem begreifen konnten, das wir lösen wollen. Mindestens ebenso wichtig, wenn nicht gar der Hauptgrund, dürfte die Tatsache sein, dass das Abschreckungspotential der modernen Rüstung viel höher ist als jemals zuvor (wobei diese Abschreckung vor dem Ausbrechen von Bürgerkriegen offenbar zu fehlen scheint, wohl da das einfache Volk die u.a. langfristigen Folgen des Einsatzes moderner Waffen unterschätzt). Dies erinnert mich an die Aussage des Ewigen  in Seinem Sendschreiben, derzufolge die Erde verdorben wäre, wäre es nicht so, dass Er die einen Menschen durch die anderen abhielte.

Unter Anderem gerade deswegen darf man meines Erachtens mehrere Dinge trotz der an sich als vergleichsweise positiv oder zumindest interessant zu wertenden Feststellungen Pinkers nicht vergessen:


Freiwilligkeit (14. Juni 2016)

Wir sollten wirklich aufhören, von „freiwilligen“ Gebeten zu sprechen. Oder gibt es in der Religion Gottes etwa irgendein Gebet, zu dem der Ergebene gezwungen wird? Somit sind alle Gottesdienste freiwillig, nur sind einige verpflichtend und andere unverpflichtend, man kann zu letzteren auch „wählbar“, „semiregulär“ (zu zeitabhängigen sunnah-Gebeten) oder vielleicht „eigeninitiativ“ sagen, oder, um den Terminus nâfilah wörtlich zu übersetzen: „zusätzlich“.


Wann man sich nackt fühlt (09. Juni 2016)

Eine Gruppe Einheimischer geht neben mir ins Wasser. Sie spielen im kniehohen Meer. Die Frauen mit langen Kleidern samt Kopftuch. Sogar die Kinder tragen T-Shirts. Die Männer sind wahrscheinlich in der Moschee. Auf einmal komme ich mir nackt vor in meinen Shorts. Ich ziehe mich an und schlurfe über die Insel.

Eine interessante Erfahrung des zeit.de-Autors Georg Cadeggianini auf den Malediven... Sie ist unscheinbar und doch beachtenswert, ob im Zusammenhang mit der Adamsgeschichte des Ehrwürdigen Koran, für die Debatte um die islamischen Bedeckungsvorschriften oder in allgemein anthropologischen Betrachtungen.



Der Aufrufer im Restaurant (01. Juni 2016)

Darüber jammern, wie schwer es uns im Aufruf (dawah) zur Religion Gottes hierzulande gemacht und der Aufruf zur Wahrheit gegenüber den Aufrufen zur Unwahrheit benachteiligt werde, kann man so viel, wie der Tag lang ist. Nicht nur verglichen mit der Situation in Mekka vor der Auswanderung des Gesandten Gottes  aber bieten sich hier in Westeuropa dem Aufruf zum Wege Gottes nach wie vor geradezu unglaubliche Möglichkeiten. In diesem modernen, ruhigen und renommierten Restaurant kann prinzipiell jeder Meinungsträger relativ gleichberechtigt dinieren. Was aber passiert wohl mit einem Gast im Karnevalskostüm, der an seinem Tisch die Blicke auf sich zieht, weil er wie ein Wahnsinniger das Essen in großen Klumpen hinunterschlingt, quer durch den Raum nach der Bedienung ruft und sich zwischendurch auch noch lautstark über sie beschwert, vielleicht auch noch hörbar herumrülpst?



Das Fehlen der Ernstzunehmenden (04. Juni 2016)

Die Aussage, dass jemand, der die Religion der Ergebung (islâm) ablehnt und so stirbt, der unaufhörlichen Peinigung im Feuer anheimgegeben wird, mag sich für viele Ohren primitiv anhören. Der Eindruck der Primitivität wird aber insbesondere durch die derzeitigen Überbringer dieser Aussagen zementiert, wenn nicht gar (mit-)verursacht. Es fehlt der westlichen Gesellschaft schlichtweg an intellektuell, charakterlich, sprachlich und stilistisch ernstzunehmenden Dialogpartnern, die ihr solche Lehren nachvollziehbar und gedanklich anregend begründen.

Wir bezeugen mit unserer shahâdah, dass Mohammed  der Gesandte Gottes ist. Man beachte das Wort „bezeugen“. Sinn und Zweck einer Bezeugung ist in der Regel, anderen Menschen, die sich (noch) nicht selbst, d.h. durch die eigene Begutachtung von Beweisen oder durch eigene Beobachtung, vom Wahrheitsgehalt der bezeugten Aussage überzeugen können, zu erleichtern, diese dennoch wenigstens vorläufig zu akzeptieren. Man bringt also die eigene Person als Argument ein. Nichts anderes tun Zeugen vor Gericht. Wie will man aber der Funktion der Bezeugung gerecht werden, wenn man keine überzeugende Persönlichkeit besitzt?

Freilich wird einiges getan, um solche Leute nicht zu Wort kommen zu lassen. Heutzutage ist dies aber eher eine schwache Entschuldigung, und es ist davon auszugehen, dass auf unserer Seite zu wenig dafür getan wird, solche Persönlichkeiten und Institutionen und sich selbst als eben solche hervorzubringen und sie auf die Bühne zu bringen.