Letzte Änderung: 15.06.2019 um 00:08:52 ● Erstveröffentlichung: 12.06.2017 ● Autor: Muħammad Ibn Maimoun
Erläuterungen: {erh.} = „Erhaben und herrlich gepriesen sei Gott“ / (s.) = „Segen und Friede sei mit dem Propheten“

Die Frau in der prophetischen Lehre

Authentische Aussprüche Mohammeds  und Überlieferungen einiger seiner damaligen Lebenssituationen demonstrieren eindrucksvoll die revolutionäre Frauenfreundlichkeit seiner Lehre. Gegner seiner Botschaft und gering gebildete misogyne Muslime glauben aber, gerade mit Hadithen Misogynie in der prophetischen Lehre belegen zu können.

Dem Ehrwürdigen Koran, dem auf Mohammed  herabgesandten Gotteswort, lässt sich deutlich ansehen, dass seine Lehre sich für die Frau einsetzt, sie entschlossen vor ungerechten Benachteiligungen bewahren will und somit ausgesprochen frauenfreundlich ausgerichtet ist (siehe „Der Koran und die Frau“). Wie aber steht es mit den Aussagen und Haltungen Mohammeds selbst, die insofern relevant sind, als im Koran den Gottergebenen geboten ist, ihm folgsam zu sein und er darin zum vortreffliche[n] Vorbild für einen solchen, der auf Gott und den Letzten Tag hofft1 erklärt wird?

Es wäre verwunderlich, wenn seine (immerhin auf der koranischen Offenbarung basierende) Ususlehre, die sunnah, sich wesentlich von der Lehre des Koran unterschiede. Sortiert man die vielen hadithwissenschaftlich bekanntermaßen als schwach oder gering authentisch erkannten Überlieferungen aus, deren sichere Zurückführung auf den Propheten nicht haltbar ist, ergibt sich angesichts zahlreicher verbleibender, thematisch relevanter Überlieferungen das eindeutige Bild der Harmonie mit der Frauen freundlich gesinnten Ausrichtung des Ehrwürdigen Koran, welcher wohlgemerkt zu einer extrem frauenfeindlichen Gesellschaft kam, in welcher die Geringschätzung der Frau und Chauvinismus ein so tief verankerter Bestandteil der Kultur waren, dass sich ein (wenn auch nicht kompletter) Rückfall in diesbezügliche alte Denkmuster nach dem Tode des Propheten, ja sogar ein Kampf gegen die neue Lehre vielfach belegen und feststellen lässt2 und sich - teils infolge einer religiös verbrämten Reindoktrination - Teile der orientalischen Völker bis zum heutigen Tage noch nicht ganz davon befreien können. Dabei ist die Quellenlage klar:

Während in Europa bis zur Französischen Revolution und vereinzelt bis ins 20. Jahrhundert hinein diskutiert wurde, ob die Frau überhaupt ein Mensch sei,3 stellte der Gesandte Gottes , ohne geschlechtsspezifische Unterschiede zu leugnen oder herunterzuspielen, aber auch ohne sie überzugewichten, eine Grundgleichheit von Frauen und Männern fest:

Frauen sind doch die leiblichen Geschwister der Männer.4

Anders formuliert: Im Grunde sind Frauen aus demselben Holz geschnitzt wie Männer, somit gelten Rechte und Pflichten für beide in gleicher Weise, solange keine explizite Ausnahme mitgeteilt wird.

Während mancher denken wird, derartige Ausnahmen würden sicherlich stets zu Ungunsten der Frau ausfallen, wird er durch die Antwort des Gesandten Gottes auf die Frage eines Mannes, welcher Mensch das größte Anrecht auf seinen guten Umgang habe, eines Besseren belehrt:5

Deine Mutter.

Auf die Frage „Und wer dann?“ antwortete er:

Deine Mutter.

Auch auf die erneute Frage „Und wer dann?“ antwortete er:

Deine Mutter.

Als die Frage ein drittes Mal „Und wer dann?“ lautete, sagte er:

Dann dein Vater.

Außer dem Wohl von Müttern lag ihm auch das Wohl von Töchtern am Herzen. Es ist bekannt, dass in der damaligen arabischen Gesellschaft (wie auch heute z.B. in Teilen der indischen Gesellschaften) eine tiefe Abneigung gegenüber der Geburt von Töchtern verbreitet war, eine Abneigung, die in Extremfällen dazu führte, dass weibliche Säuglinge lebendig begraben wurden.6 Denn Töchter zu bekommen, bedeutete in ihren Augen eine Schwächung der Familie, Unglück und finanzielle Aufwände. Diese Vorstellung wurde vom Gesandten Gottes  kompromisslos bekämpft, u.a. indem er die Einstellung in den Köpfen zu verändern in Angriff nahm, was sich beispielsweise in seinem folgenden Ausspruch niederschlug:

Wer (d.h. als muslimische Person) drei Töchter hat und geduldig mit ihnen ist und sie von dem, was er hat, mit Speise und Getränk versorgt (d.h. auch in harten Zeiten), dem werden sie am Tage der Auferstehung ein Schutz vor dem Feuer sein.7

Der Ausspruch ist auch in der folgenden Form überliefert: Wer drei Töchter hat, sie beherbergt, beschützt und barmherzig mit ihnen ist, dem ist das Paradies sicher. Ein Mann habe daraufhin gefragt: „Auch zwei, Gesandter Gottes?“ Er habe geantwortet: Auch zwei.

Das Ansinnen des Propheten , die Situation der Frau zu verbessern, beschränkte sich durchaus nicht auf Mütter und Töchter, sondern erstreckte sich auch auf Ehefrauen - berühmt ist seine anscheinend mehr als zu nur einer Gelegenheit (darunter eine Rede vor Tausenden von Pilgern) wiederholte Einschärfung an die Männer:

Seid an den Frauen zu Gutem angehalten!8

Diesen Rat hatte und hat nach wie vor die Welt, besonders die damalige Welt der Arabischen Halbinsel, dringend nötig, zumal nicht nur die Geringschätzung des Weiblichen (mit Ausnahme des Weiblichen im teils importierten Götzenkult), sondern auch Gewalt gegen Ehefrauen an der Tagesordnung war. So hielt der Gesandte Gottes die Männer nicht nur allgemein dazu an, gut zu ihren Ehefrauen zu sein, sondern nahm explizit auf Missstände Bezug:

Mit welchem Recht9 schlägt mancher von euch seine Frau wie einen Hengst und umarmt sie später?10

Wofür peitscht eigentlich mancher von euch seine Frau wie einen Leibeigenen und liegt am Ende seines Tages dann
vielleicht auch noch bei ihr?!11

Wohlwissend, dass sein Herr  der Gemeinde der Ergebenen im Ehrwürdigen Koran angeordnet hat, auf Seinen Gesandten zu hören, formulierte er seine Kritik der folgenden Variante zufolge als klare Untersagung:

Keiner von euch soll seine Frau schlagen
und obendrein noch bei ihr liegen.12

Schon auf den inneren Zustand zu achten, noch vor allen potentiellen negativen physischen Reaktionen, mahnte Mohammed  in Ordnung zu bringen an:

Kein Glaubender soll eine Glaubende verabscheuen. Sollte er einen Wesenszug an ihr nicht mögen, wird er schon an einem anderen Wesenszug Gefallen haben.13

Ein Zeitzeuge berichtet,14 dass er, während er in einer Delegation den Gesandten Gottes besucht habe, ihn um Rat gefragt habe: „Ich habe eine Ehefrau. Sie hat etwas an ihrer Zunge.“ Der Mann meinte damit, sie werde häufig beleidigend. Der Prophet habe ihm zunächst geantwortet: „Dann entlasse sie.“ Der Mann habe eingewendet: „Wir sind schon seid längerem zusammen, und ich habe von ihr Kinder.“ Der Rat des Gesandten Gottes habe daraufhin gelautet:

Dann weise sie zurecht. Wenn sich Gutes in ihr befindet, wird sie daraufhin ihr Verhalten ändern. Schlage deine Lebensgefährtin aber nicht wie dein Hausmädchen!

Ein weiterer Zeitzeuge berichtet,15 er sei zum Gesandten Gottes gekommen und habe ihn gefragt: „Was sagst du in Bezug auf unsere Frauen?“ Er habe geantwortet:

Speist sie von dem, was ihr selbst esst, kleidet sie mit dem, was ihr selbst anzieht,16 schlagt sie nicht und verwünscht sie nicht.

Und das, obwohl ohnehin allgemein seine Anweisung gilt: Schlagt keine Muslime.17 Auch in seinem persönlichen Rat an Frauen konnte die Warnung vor zu Gewalt neigenden Männern enthalten sein. So ist authentisch überliefert, dass sich Fatima bint Qays von ihm bezüglich der Heiratsanträge zweier Männer beraten ließ und er zu ihr sagte: Abû Jahm hat stets seinen Stock auf seiner Schulter, und Muawiya ist ein armer Schlucker, der kein Vermögen hat. Heirate (lieber) Usama ibn Zayd.18

Es war dem Propheten offensichtlich zuwider, dass Ehefrauen wie leibeigene Mägde behandelt wurden, als seien sie das Eigentum der Ehemänner, darum akzeptierte er es auch nicht, dass viele Männer dazu neigten, ihre Frauen nicht einmal zur Moschee gehen zu lassen. Also sah er sich genötigt, ihnen diese Abhaltung zu untersagen und ihnen zugleich deutlich zu machen, wessen Mägde jene Frauen in Wirklichkeit sind:

Haltet die Mägde Gottes nicht von den
Moscheen Gottes ab!19

Gegen Ende seines Lebens erinnerte er ein weiteres Mal daran, dass - entgegen der vorislamischen Mentalität - Ehefrauen freie Menschen sind und der Bund der Ehe an sich dem Mann nicht mehr Rechte an seiner Frau verleiht als das Recht auf ihre eheliche Treue:

Seid an den Frauen zu Gutem angehalten. Sie sind an euch gebunden, ihr besitzt nichts sonst von ihnen.20

Angesichts dieser Bemühungen würde mancher den Propheten heutzutage - womöglich abfällig - als Frauenrechtler bezeichnen; er selbst hätte allerdings gegen eine solche Bezeichnung wahrscheinlich überhaupt nichts einwenden wollen, sondern diese wohl eher begrüßt, denn für das Recht der Frau einzutreten war seinem folgenden Ausspruch nach zu urteilen eines seiner wichtigsten Anliegen:

O Gott, ich dränge auf das Recht der zwei Schwachen:
des Waisenkindes und der Frau!21

In dem, was sich von seiner persönlichen und privaten Haltung äußerte, hielt sich Mohammed selbst an diese hohen Prinzipien. Als er eines Tages danach gefragt wurde, wen er von allen Menschen am meisten liebe, erwarteten die Leute, er würde zuerst seinen treuesten und hervorragendsten Weggefährten Abû Bakr, vielleicht seinen Blutsverwandten und Schwiegersohn Aliy oder einen anderen männlichen Prophetengefährten nennen, damit man ihn sich als religiöses Vorbild nehmen könnte. Noch heute würde sich kaum ein traditioneller orientalischer Muslim trauen, zur Antwort etwas anderes als einen männlichen Namen zu nennen. Er aber antwortete: Aishah. - Dies ist bekanntlich seine Ehefrau.

Um die männlichen Muslime zu motivieren, gut zu ihren Frauen zu sein, nutzte er ihr Wissen um seine von Gott im Koran bestimmte Vorbildfunktion und ihren darauf gegründeten großen Eifer, ihn in allen großen und kleinen Dingen nachzuahmen, indem er verkündete:

Der Beste von euch ist der beste von euch zu seiner Frau22, und ich bin der beste von euch zu meiner Frau.23

Als freier Mensch trägt die muslimische Frau naturgemäß auch Verantwortung, und zwar auch im Sinne der Führungsverantwortung:

Hört! Ein jeder von euch ist ein Hirte und für seine Herde verantwortlich24: Der Volksführer ist ein Hirte und für seine Herde verantwortlich, der Ehemann ist ein Hirte für die Angehörigen seines Hauses und für seine Herde verantwortlich, die Ehefrau ist eine Hirtin für die Angehörigen des Hauses ihres Ehegatten und für seine Kinder, und sie ist für sie verantwortlich, und der Knecht ist ein Hirte für das Vermögen seines Besitzers und dafür verantwortlich. So: Jeder von euch ist also ein Hirte und für seine Herde verantwortlich.25

Die Anerkennung der Respektabilität und Verantwortungsfähigkeit der Frau durch die prophetische Lehre macht übrigens auch keinen Halt davor, sie zur Gewährung privaten Asyls für bei ihr Zufluchtsuchende aus den Reihen des besiegten militärischen Feindes zu autorisieren, und bestätigt ihren Anspruch auf die strafrechtliche Belangung derer, die ihre Gewährung der Zuflucht nicht respektieren:

Wahrlich, (auch) eine Frau kann für Leute belangen.26

Der Überlieferer des Ausspruchs fügte erläuternd hinzu: „Er (d.h. der Prophet) meinte damit, dass sie (nichtmuslimischen Individuen des besiegten Feindes) gegen die Muslime Schutz bei sich garantieren könne.“

Andersartige Überlieferungen

Angesichts des eben Zusammengestellten ist es schwer - wenn überhaupt - vorstellbar, dass sich der prophetischen Lehre doch noch misogyne Tendenzen nachweisen lassen. Gleichwohl existieren Überlieferungen, die sich zumindest dazu missbrauchen lassen, chauvinistische oder sexistische Haltungen zu rechtfertigen oder der Religion Gottes solche zu unterstellen, insbesondere, wenn all das Vorgenannte verschwiegen wird.

Segen oder Fluch?

Beispielsweise hat der folgende Ausspruch bereits seinen missbräuchlichen Einsatz in der Diskreditierung der prophetischen Lehre gefunden, meistens etwa so übersetzt: „Ich habe nach mir keine Versuchung hinterlassen, die für die Männer schädlicher ist als die Frauen.“27

Auch dürfte der Missbrauch dieses Satzes unter Muslimen zur Rechtfertigung der Abdrängung der Frau aus dem öffentlichen Leben nicht verwundern. Nichtsdestotrotz kann er das gewonnene Bild nicht trüben, denn:

Die „satanische“ Gestalt

Nun sei aber einer anderen Überlieferung zufolge (überliefert von Muslim u.a.) eines Tages habe der Gesandte Gottes  „eine Frau gesehen“, worauf er zu seiner Frau Zaynab gegangen sei, um ihr dem natürlichen Bedürfnis gemäß beizuwohnen. Als er zurückgekommen sei, habe er eine Aussage getätigt, die sich, „drauflos“ und wörtlich - um nicht zu sagen überwörtlich - übersetzt, folgendermaßen formulieren lässt:

„Die Frau kommt in der Gestalt eines Satans einher [und macht in der Gestalt eines Satans kehrt]37. Wenn einer von euch also eine Frau erblickt [die ihn beeindruckt und in sein Herz gerät]38, so gehe er zu seiner eigenen Frau (um ihr beizuwohnen), denn das drängt das, was in ihm war, wieder zurück.“39

Hierzu ist zu sagen, dass man in der heutigen Zeit diese Worte zwar als „nicht salonfähig“ oder gar als diskriminierend empfinden könnte, doch sollte man erstens hinsichtlich der Empfindlichkeiten nicht die Maßstäbe der rhetorischen Konditionierung einer bestimmten heutigen Kultur zugrundelegen, und zweitens stellt der Ausspruch trotz der heute zur Erregung emotionaler Reaktionen geeigneten Formulierung natürlich keine Abwertung der Frau dar, denn:

Weibliche Verstandeskraft und Religiosität

Gibt es aber nicht eine als authentisch eingestufte Überlieferung (überliefert von Abû Sa'îd al-Khudriy, Ibn Umar u.a.), der zufolge die Frauen einen mangelhaften Verstand und geringere Religiosität hätten?  Nun existiert eine Überlieferung, die dieser Ansicht bisweilen zugrundegelegt wird, tatsächlich, und sie scheint authentisch, wenn auch meist schlecht übersetzt. Ihr zufolge hielt der Gesandte Gottes nach einem Festtagsgebet unter freiem Himmel eine Predigt, in welcher er zur Spenden aufrief. Nach der allgemeinen Predigt kam er eigens auf die ebenfalls anwesenden und zuhörenden Frauen zu, um sie zum Spenden aufzurufen, wahrscheinlich, weil er wahrgenommen hatte, dass zwar die Männer, nicht aber die Frauen seiner Aufforderung nachgekommen waren, da sie wohl dachten, es genüge, wenn ihre Ehemänner dies „übernahmen“. Also sprach er zu ihnen: Ihr Versammlung der Frauen, spendet, denn ich habe euch als die Mehrheit der Bewohner des Feuers gesehen. Auf die Frage, warum dies so sei, habe er gesagt: Ihr flucht häufig und seid dem Lebensgefährten undankbar. Ich habe noch keine Wesen (?)45 mit mangelnder Geisteskraft ('aql) und Religiosität (dîn) gesehen, die einen geistesstarken Mann mehr übermannen können als ihr, o ihr Versammlung der Frauen. Dann sei er davongegangen.

Die Überlieferung ist in den Hauptsammlungen Bukhâriys und Muslims zu finden. Allerdings:

Das oben Gesagte bzgl. der Relativität der Worte aufgrund ihrer Zweckgebundenheit bestätigt sich, als der Gesandte Gottes  um eine konkretere Erläuterung seiner Worte gebeten wird. Dann stellt sich nämlich heraus, dass weder der eigentliche Verstand gemeint war, noch die Frömmigkeit der Frau: Ist nicht das Zeugnis der Frau die Hälfte des Zeugnisses des Mannes?47 Ist es nicht so, dass sie, wenn sie menstruiert, (gemäß der Vorschrift) nicht betet und nicht fastet? Das Wort 'aql mag sich im allgemeinen Sprachgebrauch primär auf den Verstand beziehen, doch der Prophet deckte hiermit indirekt auf, dass er es in einer sekundären, ebenfalls gültigen Bedeutung verwendet hatte, nämlich die Erinnerung meinend48. Derweil mag sich die Rede von geringer Religiosität im ersten Augenblick wie die Rede von geringer herzbasierter Frömmigkeit anhören, doch er deckt auch hier freimütig auf, dass er etwas meinte, was muslimische Frauen aus religiösen Gründen tun, weil es etwas ist, was die von ihm selbst überbrachte Gesetzgebung der Frau vorschreibt. Das Wort dîn kann nämlich auch einfach religiöse Aktivität meinen. Schon die Begründung mit dem undankbaren Verhalten (kufr) gegenüber dem Ehemann hatte er so formuliert, dass zunächst nicht ersichtlich war, dass es sich nicht um die Entkennung Gott gegenüber handelte.49

Es ist also ganz klar, dass der Gesandte Gottes  ausnahmsweise (!) absichtlich härter sprach, als er es meinte, und er dürfte somit persönlich kaum der Meinung gewesen sein, der weibliche Verstand und die weibliche Religiosität seien per se schwächer. Dafür spricht auch, dass er diese Dinge anscheinend zu keinem Zeitpunkt mehr wiederholt hat, weder zweckgebunden noch -ungebunden.

Die Mehrheit der Angehörigen des Feuers?

Ein Stein des Anstoßes in der eben genannten Überlieferung könnte sein, dass ihr zufolge die Mehrheit der Bewohner des Feuers aus Frauen bestehen werde, was mancher als frauenfeindlich einstufen wollen wird. Es mag sich dabei die Frage aufwerfen, wie es denn mit der Gerechtigkeit Gottes zu vereinbaren sei, wenn das angeborene Geschlecht darüber entschiede, welches Schicksal in der Letztlichkeit des Jenseits jemand nimmt? Dazu ist zu sagen:

Die Frau als Führerin

Denjenigen, die meinen, die prophetische Lehre lasse eine Frau als Führerin nicht zu, scheint der folgende, auf eine Überlieferung von Abû Bakrah at-Thaqafiy zurückgeführte Ausspruch in die Hände zu spielen. Als der persische Monarch Chosrau II. starb und seine Tochter als Nachfolgerin gekrönt wurde, habe der Prophet , als er davon gehört habe, der Erzählung zufolge gesagt: Leute, die einer Frau die Regierung anvertrauen, werden keinen Erfolg erlangen.. Gerne wird der Hadith auch als Beleg verwendet, um der Frau den Zugang zum Richteramt zu verwehren. Dies alles ist jedoch haltlos, denn:

Niederstirnen vor dem Mann?

Der bezüglich des vorliegenden Themenkomplexes vielleicht irritierendste Hadith ist wohl derjenige, dessen viele Varianten den Propheten  mit den folgenden Worten zu zitieren beanspruchen, meist im Zusammenhang mit der ihm zugeschriebenen Ablehnung der Frage, ob man nicht für ihn wegen seines besonderen Ranges niederstirnen sollte:  Würde ich irgendjemandem befehlen / Wenn es richtig wäre, vor jemandem außer Gott niederzustirnen, würde ich der Frau befehlen, vor ihrem Mann niederzustirnen. Traurige Berühmtheit erlangten die Grenzen des guten Geschmacks weit überschreitende Zusätze, von denen diese Worte manchmal begleitet werden.56  - Aber:

Schlusswort

Dass sich die prophetische Lehre in der Verteidigung des Rechtes der Frau und ihrer Würde im Einklang mit dem Ehrwürdigen Koran befindet, manifestiert sich in vielen authentischen Überlieferungen und lässt sich auch nicht mit „irritierenden“ Hadithen widerlegen. Die Unsicherheit, für die diese in der islamischen Geschichte gesorgt haben, schlug sich allerdings durchaus in einer schon relativ früh nach dem Verscheiden des Gesandten Gottes einsetzenden, die muslimische Frau abdrängenden und einschüchternden kulturellen Entwicklung nieder - jedoch geben die Möglichkeiten des gegenwärtigen Zeitalters Anlass zur Hoffnung, dass neue und aufgeweckte Generationen für eine Korrektur der diesbezüglichen Zustände der islamischen Nation sorgen, nicht aus dem Bedürfnis der blinden Nachahmung des Westmodernismus heraus, sondern aus der Einsicht, dass es den Erfordernissen der Schrift Gottes und der Lehre Seines Gesandten entspricht.

Wahrlich, im Gesandten Gottes habt ihr ein vortreffliches Vorbild, hat, wer Gott und den Jüngsten Tag erhofft und sich
Gottes oft erinnert

1 Sure 33:21
2 Exemplarisch hierfür ist die berühmte, authentisch verbürgte Begebenheit, in welcher der Prophetengefährte Ibn Umar wegen eines wichtigen Aspekts der Rechte der Frau mit seinem Sohn in Streit geriet - er berichtete in Gegenwart dieses Sohnes: „Der Gesandte Gottes sagte: Haltet eure Frauen [nachts] nicht von den Moscheen ab, wenn sie euch um Erlaubnis fragen, dorthin zu gehen.“ Da sagte sein Sohn Bilâl: „Bei Gott, wir werden sie abhalten!“ Da verlor Ibn Umar die Fassung, wendete sich Bilâl zu, beschimpfte ihn auf eine so üble Weise, dass der Überlieferer der Szene davon in höchstes Erstaunen versetzt wurde, und sagte: „Ich übermittle dir einen Bericht vom Gesandten Gottes, und du sagst: ‚Bei Gott, wir werden sie abhalten’?!“ (Überliefert von Muslim in seinem Saħîħ-Werk, Kapitel kitâbu s-Şalâh) - Die Begebenheit zeigt, mit einer welch hohen damaligen Bereitschaft zu rechnen ist, gegen die Direktiven des Gesandten Gottes aufsässig zu sein, um die Revolution der traditionellen Geschlechtergewichtung aufzuhalten oder rückgängig zu machen, was ebenfalls bereits eine hohe Bereitschaft erwarten lässt, die Aufsässigkeit der in Umlaufbringung erfundener und gefälschter Hadithe zu begehen. In der Tat ist die Anzahl der frauenfeindlichen und Frauen abdrängenden Hadithe, die schon vor Jahrhunderten von Hadithgelehrten als schwach oder erfunden entlarvt wurden, enorm. Leider haben in Umlauf gebrachte Hadithe naturgemäß in der Regel eine gewisse Zeit, das Denken der Menschen zu beeinflussen, bis ihre Untersuchung u.U. ergibt, dass sie schwach sind. Häufig bleiben sie latent auch danach einfach weiter negativ wirksam. Diese Tatsache scheint für „Bombardierungen“ der religionsakademischen Szene der ersten vier Jahrhunderte mit solchen Hadithen regelrecht ausgenutzt worden zu sein - dementsprechend finden sich in den Weisungen eines nicht unerheblichen Teils der traditionellen Gelehrsamkeit bis heute vielfach Frauen abwertende Tendenzen.
3 Stichwort „Querelle des femmes“ und „Ob die Weiber Menschen seyn, oder nicht?“. - Wer übrigens in eine Suchmaschine „ist die frau“ eintippt, kann übrigens auch im Jahr 2017 noch u.a. den Ergänzungsvorschlag bekommen: „ist die frau ein mensch“
4 Überliefert u.a. im Sunan-Werk des Abû Dâwûd und bei Tirmidhiy, allgemein als authentisch erachtet.
5 Übereinstimmend von Bukhâriy und Muslim als authentisch akzeptiert.
6 Ein Echo dieser historischen Tatsache ist die Kritik des Ehrwürdigen Koran daran, z.B. in Sure 81:8-9
7 Musnad Ahmad, Hadith Nr. 16950; Ibn Mâjah, kitâb al-°adab, Hadith Nr. 3669; laut N. Albâniy authentisch.
8 D.h. „Geht mit euren Frauen gut um.“ Saħîħ-Werk des Bukhâriy, kitâbu °aħâdîthi l-°anbiyâ°, Hadith Nr. 3153; Saħîħ-Werk des Muslim, kitâbu r-riDâ', Hadith Nr. 1468. Ergänzende Überlieferungen machen übrigens deutlich, dass in erster Linie Ehefrauen gemeint sind.
9 Wörtlich „womit“
10 Saħîħ-Werk des Bukhâriy, kitâbu l-°adab, Hadith Nr. 5695
11 Saħîħ-Werk des Bukhâriy, kitâbu tafsîri l-qur°ân, Hadith Nr. 4658; Saħîħ-Werk des Muslim, kitâbu l-jannah, Hadith Nr. 2855
12 So bei dem berühmten Hadithgelehrten Al-Iraqiy in seinem Werk Tarħu t-tathrîb, von ihm als authentisch eingestuft, dort leider ohne Quellenangabe, vermutlich geht diese von ihm wohl lediglich aus dem Gedächtnis niedergeschriebene Version auf den folgenden, im Saħîħ-Werk Bukhariys zu findenden Hadith zurück: Keiner von euch soll seine Frau peitschen und obendrein am Ende des Tages ihr noch beiwohnen. (kitâbu n-nikâħ, Hadith Nr. 4908) Alle drei im Haupttext aufgeführten Version gehen auf denselben überliefernden Prophetengefährten zurück, Abdullâh b. Zam'ah.
13 Saħîħ-Werk des Muslim, kitâbu r-riDâ , Hadith Nr. 1469
14 Sunan-Werk des Abû Dâwûd, kitâbu t-Tahârah, Hadith Nr. 142 (laut Ibn Hajar u.a. gut verbürgt, laut Albâniy u.a. authentisch)
15 Sunan-Werk des Abû Dâwûd, kitâbu n-nikâħ, Hadith Nr. 2144 (laut Albâniy authentisch)
16 Aufgrund eines anderen Hadiths wird hier kaum gemeint sein, dass Frauen Männermode tragen sollen. Eher wird gemeint sein, dass die Qualität der Textilien für Frauen nicht geringer sein soll als die der Textilien für Männer, oder dass die Kleidung der Ehefrau ihre natürlichen Bedürfnisse als Frau und Mensch nicht weniger abdeckt als die Kleidung des Mannes seine natürlichen Bedürfnisse als Mann und Mensch.
17 Musnad-Werk des Ahmad b. Hanbal, Hadith Nr. 3828 (authentisch laut A. Shâkir, N. Albâniy u.a.)
18 Saħîħ-Werk des Muslim, kitâbu t-Talâq, Hadith Nr. 1480. - Nach der Meinung Einiger könnte die Erwähnung des Stocks auf der Schulter auch eine Anspielung darauf sein, dass die Person häufig verreise. Dies ist allerdings unwahrscheinlich, da in der damaligen Kultur der Araber mit dem Reisen eher das Sitzen auf einem Reittier als ein Stock auf der Schulter verbunden wurde.
19 Saħîħ-Werk des Bukhâriy, kitâbu l-jumu'ah, Hadith Nr. 858; Saħîħ-Werk des Muslim, kitâbu s-Salâh, Hadith Nr. 442
20 Sunan-Werk des Tirmidhiy, kitâbu r-riDâ  , Hadith Nr. 1163 (laut Tirmidhiy authentisch)
21 Musnad-Werk des Ahmad b. Hanbal, Hadith Nr. 9374, auch überliefert bei Ibn Mâjah (laut al-Hâkim authentisch gemäß den Kriterien des Imâm Muslim,  nach anderen lediglich gut verbürgt, d.h. von mittlerem Authenzitätsgrad, in der Überliefererkette, die nach Imâm Nawawiy laut Imâm as-Sindiy intakt und einwandfrei ist, kommt Ibn 'Ajlân vor.)
22 Wörtlich „zu seinen Angehörigen“. Das Wort ahl schließt in solchen Kontexten die Ehefrau[en] mit ein und kann im Arabischen sogar ausschließlich die Ehefrau meinen. Von der Überlieferung existiert denn auch eine Variante, in der explizit von Frauen die Rede ist.
23 Sunan-Werk des Tirmidhiy, kitâbu l-manâqib, Hadith Nr. 3895 (laut Tirmidhiy authentisch)
24 Wörtlich: „ein Befragt[werdend]er“, d.h. einer, der am Jüngsten Tag zur Verantwortung gezogen wird.
25 Saħîħ-Werk des Bukhâriy, kitâbu l-°aħkam, Hadith Nr. 6719
26 Sunan-Werk des Tirmidhiy, kitâbu s-siyar, Hadith Nr. 1579 (laut Tirmidhiy gut bis einwandfrei authentisch verbürgt). Andere Übersetzung: „Wahrlich, (auch) eine Frau nimmt (Schutz) für Leute (des besiegten Feindes).“ Die Überlieferung lässt sich gut durch andere, authentisch überlieferte Berichte untermauern, z.B. den Bericht über die Beschwerde Umm Hanis beim Gesandten Gottes, als Aliy b. Abî Tâlib den Schutz, den sie einem zuvor feindlichen Kämpfer gewährt hatte, nicht respektieren wollte, und der Gesandte Gottes ihre Schutzautorität dann aber ohne Umschweife bestätigte.
27 Saħîħ-Werk des Bukhâriy, kitâbu n-nikâħ, Hadith Nr. 4808
28 Dem Wort °azwâj an sich ist nicht anzusehen, ob männliche oder weibliche Ehepartner gemeint sind.
29 D.h. es ist damit zu rechnen, dass in manchen Fällen das spirituelle Heil durch die Familie beeinträchtigt wird. - Die verbreitete Übersetzung, einige Familienangehörige seien feindlich gesinnt, ist schwach und passt weder zum textlichen Zusammenhang, noch wird sie durch die koranisch-arabische Syntax nennenswert unterstützt. Zur Referenzierung der Gesinnung stellt diese normalerweise das li-Präpositionskonstrukt dem Nomen vor und nicht nach (vgl. Suren 18:50, 35:6, 60:2, 2:168, 4:101 etc.). Max Henning übersetzt kontextkonform: „an euern Gattinnen und Kindern habt ihr einen Feind“. Amir Zaidan übersetzt wenigstens neutral: „von euren Ehepartnern und euren Kindern gibt es Feinde für euch“.
30 Sure 64:14-16
31 Siehe die Verwendung des Wortes u.a. in den Suren 25:20, 38:24, 38:34
32 Es ist fraglich, ob die Vergangenheitsform „habe [...] hinterlassen“ sich sprachlich im Arabischen rechtfertigen lässt. Hinsichtlich einer seiner letzten Predigten, in welcher der Prophet  seine Hinterlassenschaft des Koran thematisierte, wird er nachvollziehbar mit dem Partizip târik zitiert. Im Arabischen deutet ein solches bekanntermaßen in einer ihrer Funktionen auf die Zukunft hin („werde [...] hinterlassen“). Der vorliegende Ausspruch scheint den Propheten  aber so zu zitieren, als spreche er ihn nach seinem Tod, was aber nur für den Überlieferer zutrifft, der den Ausspruch folglich offenbar lediglich mit eigenen Worten wiedergibt.
33 Eine der in den letzten Jahren weltweit aufsehenerregensten Zerstörungen der Karriere einer männlichen Person durch ihre Schwäche gegenüber einer weiblichen Person ist die Affäre im Jahre 2012 um den damaligen CIA-Direktor und früheren Armeegeneral David Petraeus, durch die dieser zum Rücktritt gezwungen und zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe und der Zahlung eines hohen Bußgeldes verurteilt wurde. - Geradezu legendär ist die Lewinsky-Affäre des Jahres 1998, die den damaligen US-Präsidenten Bill Clinton fast das Amt gekostet hätte. Viele seiner Parteigänger waren der Meinung, die involvierte weibliche Person sei von den politischen Gegnern des Politikers als Praktikantin gezielt eingeschleust worden, um ihm politisch zu schaden.
34 Saħîħ-Werk des Muslim, kitâbu r-riDâ , Hadith Nr. 1467
35 In einander ähnelnden Varianten überliefert von Ibn Hibbân, al-Hâkim und weiteren, laut Albâniy authentisch gemäß den Kriterien Bukhâriys und Muslims. Für Volltextsuchen:
أربعٌ مِنَ السَّعادَةِ: المرأةُ الصَّالِحَةُ ، والمَسْكَنُ الوَاسِعُ ، و الجَارُ الصَّالِحُ ، والمَرْكَبُ الهَنِيءُ، وأربعٌ مِنَ الشَّقَاوَةِ : الجَارُ السُّوءُ ، والمرأةُ السُّوءُ ، و المَرْكَبُ السُّوءُ و المَسْكَنُ الضِّيقُ
36 Sunan-Werk des Abû Dâwûd, kitâbu z-zakâh, Hadith Nr. 1664
37 Dieses Textstück fehlt in einem Teil der Varianten.
38 Dieses Textstück fehlt in einem Teil der Varianten.
39  Saħîħ-Werk des Muslim, kitâbu nikâħ, Hadith Nr. 1403
40 So sehen die meisten Gelehrten das Essen und Trinken mit der linken Hand zwar als stark unerwünscht, nicht aber als Sünde an, auch nicht unter Berücksichtigung des Ausspruchs, demzufolge man nicht mit der Linken essen solle, weil ja „der Satan“ (Bestimmtheit!) mit der Linken esse. Schon zwei ohne einen dritten Begleiter durch die Steppende Reisende sind einem prophetischen Ausspruch zufolge „zwei Satane“, obwohl hier wahrlich kaum eine Großaufsässigkeit vorliegen dürfte. Auch solle man sich morgens die Nase spülen, wegen des in ihr steckenden „Satans“, der nach Meinung eines Teils der Gelehrten lediglich in den unerwünschten Ablagerungen der Nase besteht. Der Zweck des Einsatzes des Satansbezugs wird kaum ein anderer sein, als auf irgendein Ablenkungs- oder Verführungspotential hinzuweisen: Bei den Alleinreisenden, zumal sie andere passiv zur Nachahmung ermuntern; bei der Nase am Morgen, die manchen zu undisziplinierten und zeitraubenden Säuberungsgewohnheiten verleitet; bei der fortpflanzungsbiologisch effektiven Erscheinung einer Person des anderen Geschlechts, die eine Verlockung zu Unsittlichem darstellt.
41 Gut zu sehen nicht nur an den fehlenden Textstücken in eckigen und runden Klammern, sondern auch an dem Satz, der Prophet  habe „eine Frau gesehen, worauf er zu seiner Frau Zaynab kam“. Es ist eine unbezweifelbare Tatsache, dass er täglich Dutzende, wenn nicht gar hunderte Frauen sah, sei es in seiner Moschee oder außerhalb. Die fehlende Information ist somit u.a., in welcher Erscheinungsweise die Frau auftrat.
42 Dies ist gut möglich, wenn es sich bei der gemeinten Ehefrau Zaynab nicht um Zaynab b. Jahsch, sondern um die weniger bekannte Zaynab b. Khuzaymah handelt, welche schon im frühesten Drittel der medinesischen Zeit jung verstarb.
43 Dieser Satz reiht sich in eine Gruppe mehrerer als authentisch geltender Prophetenaussprüche ein, deren Formulierung in Verbindung mit entsprechenden Vorurteilen des Lesers einen Anlass zu seiner ungerechten Verurteilung der prophetischen Lehre als männerfeindlich oder in sonstiger Weise geschlechtsspezifische Ressentiments gegen Männer etablierend darstellen könnten: Der Wortlaut des bereits erwähnten Ausspruchs ist: إن الرَّجُلَ إذا غَرِمَ حَدَّثَ فكَذَبَ، ووَعَدَ فأَخْلَفَ (wörtlich: „Der Mann, wenn er überschuldet ist, erzählt und lügt, und er verspricht und hält es nicht ein.“). Ein weiterer Ausspruch lautet: إن الرجلَ ليكذبُ حتى يُكتبَ عندَ اللهِ كذابًا (wörtlich: „Der Mann lügt, bis er bei Gott als Lügner festgeschrieben wird.“). In wiederum einem weiteren schließt die Erwähnung von Männern eine Kette negativer Begriffe ab - wären es Frauen, gehörte der Ausspruch wohl zum Standardrepertoire antiislamischer Polemiker und misogyner Muslime: اللَّهُمَّ إنِّي أعُوذُ بكَ مِنَ الهَمِّ والحَزَنِ والعَجْزِ والكَسَلِ والبُخْلِ والجُبْنِ وضَلَعِ الدَّيْنِ وغَلَبَةِ الرِّجَالِ (wörtl.: „O Gott, ich nehme Zuflucht bei Dir vor Kummer, Trauer, Unfähigkeit, Faulheit, Geiz und Feigheit, und vor der Beschwernis der Schulden und der Übermacht der Männer.“) Bei diesem letztgenannten Hadith war der eine oder andere Kommentator über die mögliche Missverständlichkeit so beunruhigt, dass er sich beeilte zu sagen, damit seien (nur) die Ungerechten und Niederträchtigen gemeint (und nicht alle Männer). Ob er die gleiche Sorgfalt bei der Erwähnung von Frauen walten ließ, steht auf einem anderen Blatt... Alle drei überlieferten Aussprüche sind im Saħîħ-Werk des Bukhâriy aufgeführt.
44 Die Basis-Überliefererkette besteht u.a. aus Abû z-Zubayr Muhammad b. Muslim al-Qurashiy. Dieser ist hinsichtlich seiner überlieferungstechnischen Zuverlässigkeit hochumstritten und wird von vielen Hadithgelehrten abgelehnt, besonders, was seine Überlieferungen von dem Prophetengefährten Jâbir b. Abdillâh betrifft, wenn er nicht ausdrücklich sagt, dass er sie von ihm gehört habe - ausgerechnet bei der vorliegenden Überlieferung ist genau dies der Fall: Abû z-Zubayr schreibt sie Jâbir zu und sagt nicht ausdrücklich, dass er sie von ihm gehört habe. Angesichts der Aussage Tirmidhiys, dieser Hadith sei „fremdartig“, ist wohl davon auszugehen, dass er keine stärkere Basiskette andernorts besitzt, ohne dass Abû z-Zubayr darin auftaucht. - Zusätzlichen Verdacht erregend ist im Hauptkorpus der Überlieferung das Element, demzufolge der Prophet seine Frau Zaynab bei der Bearbeitung eines Stück Leders vorfand, als er zu ihr kam, um ihr beizuwohnen - woher soll Jâbir das gewusst haben, ohne in jenem Moment im Inneren der Wohnung gewesen zu sein? Man muss das Element zwar nicht als glatt erfunden ansehen, doch liegt es offensichtlich zumindest nahe, dass ein Teil der Überlieferung auf bloßem, unsicheren Hörensagen über unbekannte Drittquellen beruht, weshalb auch in Zweifel steht, dass die „Satan“-Formulierung von Jâbir persönlich gehört wurde. Darin fügt sich ein, dass Imam Muslim eine zweite Variante überliefert, in der Jâbir ausdrücklich sagt, er habe den Propheten die Aussage sprechen gehört, so dass zumindest hier auf der Ebene Jâbirs unbekannte Drittquellen ausgeschlossen sind - in dieser fehlt bemerkenswerterweise sowohl die „Satan“-Formulierung als auch die Geschichte, in welche die Aussage eingebettet ist ( عَنْ أَبِي الزُّبَيْرِ قَالَ قَالَ جَابِرٌ سَمِعْتُ النَّبِيَّ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ يَقُولُ إِذَا أَحَدُكُمْ أَعْجَبَتْهُ الْمَرْأَةُ فَوَقَعَتْ فِي قَلْبِهِ فَلْيَعْمِدْ إِلَى امْرَأَتِهِ فَلْيُوَاقِعْهَا فَإِنَّ ذَلِكَ يَرُدُّ مَا فِي نَفْسِهِ). - Merkwürdig ist auch die (scheinbar einzige) auf einen anderen Prophetengefährten (Ibn Mas'ûd) zurückgeführte Nebenvariante, in der genau dieselbe Grundstruktur erhalten ist, jedoch mit völlig anderen Bausteinen: Statt Zaynab ist es die betagte Sawdah, statt der Lederbearbeitung ist es die Herstellung von Parfüm, und als der Prophet zu ihr hereingekommen sei, hätten sich weibliche Gäste bei ihr befunden, die ihn mit ihr dann alleine gelassen hätten. Der Rest ist gleich, und dann folgt der bekannte Ratschlag zur Nachahmung. Es ist schwer, sich das Gleichbleiben der Grundstruktur bei so starker Abweichung der Bausteine anders zu erklären als damit, dass jemand einfach stark darauf bedacht war, einen „Beweis“ dafür zu produzieren, dass eine Ehefrau „allzeit bereit“ zu sein habe, ungeachtet ihrer aktuellen Beschäftigung oder der Peinlichkeit der Situation.
45 Die Interpretation des regelmäßigen weiblichen Plurals in nâqiSât als „Frauen“ bringt eine logische Schwierigkeit mit sich, denn dann hießen die Worte: „Ich habe keine Frauen mit mangelnder Geisteskraft gesehen, die stärker übermannen als Frauen.“ Darum hier das Ausweichen der Übersetzung auf den Begriff der Wesen im allgemeinen Sinne, welcher auch als den unspezifizierten regulären weiblichen Pluralen an mehreren Stellen im Koran zugrundeliegend angesehen wird (z.B. Suren 13:11, 37:1 ff., 77:1 ff.), wenn auch dort als Anspielung auf Engel o.a.
46 Eine logikbasierte Berücksichtigung der Syntax ergäbe offensichtlich, soweit mit den Wesen ausschließlich Menschen oder allgemein zweigeschlechtliche Spezies gemeint sind, dass auch die geistigen Fähigkeiten von Männern (Propheten ausgenommen) unvollkommen sind, zumal der Ausspruch, so wie er formuliert ist, davon ausgeht, dass es zwei Kategorien von geistig unvollkommenen Wesen gibt, nämlich (a) die den Klugen zu besiegen sehr fähigen, und (b) die dazu weniger fähigen. Der Ausspruch identifiziert (a) mit den Frauen, so dass für (b) kaum etwas anderes als Männer übrig bleiben wird. Es braucht nicht besonders betont zu werden, dass sich dies auch mit der Realität deckt, welche zeigt, dass die geistige Unvollkommenheit unter Männern in vielerlei Hinsicht mindestens genau so sehr und in manchen Bereichen viel stärker verbreitet ist als unter Frauen. Die Beispiele hierfür sind sehr zahlreich, ob es sich nun um den Anteil der Männer unter den Analphabeten in Ländern mit guten Bildungssystemen, ihren Anteil unter den Glücksspielsüchtigen oder um anderes handelt. Nicht nur zum Schmunzeln eignet sich die Tatsache, dass nach über 20 Jahren der Nominierungen für den „Darwin Award“ Männer als die klaren Spitzenreiter im Verdienst dieses virtuellen Preises feststehen. Der Award wird jährlich für die dümmste Weise zu sterben ausgerufen.
47 Die Frageform und mutmaßlich bewusste Vermeidung eines Aussagesatzes (vorausgesetzt, diese ist hier ursprünglicher überliefert als die Nebenvarianten) könnte durchaus zu der besagten erzieherischen Methodik gehören, denn das halbe Gewicht der weiblichen Zeugenaussage ist ein Grenzfall, siehe den Lichtwort-Beitrag „Der Wert der Zeugenaussage einer Frau
48 Gute Sprachzeugnisse für diese Dimension von 'aql sind authentische Überlieferungen wie: لم أَعْقِلْ أَبَوَيَّ إلا وهما يدينانِ الدِّينَ oder جاء رجلٌ إلى رسولِ اللهِ صلى الله عليه وسلم فقال يا رسولَ اللهِ إني أقرَأُ القرآنَ فلا أَجِدُ قلبي يعقِل عليه فقال رسولُ اللهِ صلى الله عليه وسلم إن قلبكَ حُشِيَ الإيمانٌ وإن الإيمانَ يعطَى العبدُ قبلَ القرآنِ
49 Nach einer als authentisch eingestuften Version (Saħîħ-Werk des Bukhâriy, kitâbu l-kusûf, Hadith Nr. 1004) habe er auf die Frage, warum ihm die Frauen als Mehrheit der Feuerbewohner gezeigt worden seien, geantwortet: „Wegen ihrer Entkennerei.“ Daraufhin sei er gefragt worden. „Sind sie etwa Gott gegenüber entkennend?“ Erst danach habe er aufgedeckt, dass er die Entkennung (hier im Sinne von Undankbarkeit) gegenüber dem Ehemann meinte. Die Überlieferung stammt von Ibn Abbâs. - Hier mag mancher vielleicht einwenden wollen, zwar lasse sich dem Propheten keine Unwahrhaftigkeit hier nachweisen, ob aber die Methode nicht in einem Spannungsverhältnis mit dem Ideal eines auf Ehrlichkeit bedachten Menschen stehe. Dieser Einwand würde sich aber womöglich als obsolet erweisen, wenn der Einwendende selbst in der betreffenden Situation gegenwärtig sein könnte und hierdurch vielleicht erblicken würde, dass die Worte in einer humorvollen Haltung geäußert wurden. Desweiteren dürfte der Gesandte Gottes  damit gerechnet haben, dass Nachfragen kommen würden und somit ohnehin beabsichtigt haben, die Auflösung des „Rätsels“ zu liefern. Dies würde den psychologischen Effekt der Methode nicht unbedingt vollends zunichte machen, wenn er auf dem allerersten Eindruck während des Vernehmens der Rede beruht.
50 Ein anderes Vorkommnis findet sich in der Überlieferung von Ibn Abbâs (s. vorangegangene Fußnote). Diese liegt zwar mit intakten Überliefererketten vor, doch der damals noch junge Ibn Abbâs war bei dem beschriebenen Ereignis (Gemeinschaftsgebet anlässlich einer Sonnenfinsternis) vermutlich nicht zugegen und ist in der Hadithwissenschaft auch allgemein für marâsîl as-Saħâbah und somit die Überlieferung von Ereignissen und Prophetenaussprüchen bekannt, deren direkter Zeuge er nicht war, so dass der malikitische Hadithgelehrte Ibn Abd al-Barr in seinem Buch at-tamhîd den Bericht zwar als Saħîħ, zugleich aber einschränkend als mursal einstufte (mursal Saħîħ). Vor diesem Hintergrund - je nach Redehaltung der unbekannten Quelle - ist die Zusammenlegung zweier verschiedener authentischer Überlieferungen, und dass der zweite Teil einem anderen Ereignis entstammt, nicht völlig unmöglich. Dies wäre in dem Fall nicht unbedingt Ibn Abbâs selbst anzulasten, sondern kann auch durch die unbekannte Quelle verursacht worden sein. Besonders wenn diese aus einer Gruppe von Prophetengefährten und -gefährtinnen bestand, die in lockerer Weise in einer Unterhaltung Erinnerungen aus der Zeit des Propheten (s) Revue passieren ließen, kann in einer solchen Situation durch assoziativ bedingte Einlassungen vonseiten mehrerer Gesprächsteilnehmer der Eindruck entstehen, mehrere Einlassungen bezögen sich auf ein und dieselbe Situation, obwohl dies nicht jeder Gesprächsteilnehmer so gemeint haben muss.
Dies dürfte nicht das einzige Mal gewesen sein, dass in einem Bericht von Ibn Abbâs eine Situation eingearbeitet ist, die nicht zu dem überlieferten Ausspruch passt. Beispielsweise überliefern Bukhâriy und Muslim in ihren Saħîħ-Werken einen Augenzeugenbericht von Ibn Mas'ûd, demzufolge er dabei war, wie Juden den Gesandten Gottes in Medina - also nach der Auswanderung - nach dem Geist (rûħ) fragten, woraufhin Ibn Mas'ûd am Innehalten des Propheten  zu bemerken glaubte, dass er in diesem Moment eine Offenbarung empfing und Sure 17:85 als Antwort herabgesandt worden sei. Von Ibn Abbâs hingegen existiert ein ebenfalls als authentisch eingestufter Bericht (überliefert u.a. bei Tirmidhiy und Ahmad), demzufolge es die Quraysh waren, die nach einer Konsultation Juden dem Gesandten die Frage stellten, was für den Kenner der Prophetenlaufbahn nur Sinn macht, wenn die Frage in Mekka, d.h. vor der Auswanderung, gestellt wurde. Ibn Hajar v. Askalon versucht, die beiden Überlieferungen durch die hier nicht sehr wahrscheinliche Annahme einer Doppel-Offenbarung mit einander zu vereinbaren, tendiert aber letztlich doch zur Annahme einer einmaligen Offenbarung und deutet an, dass er zur Not der Überlieferung Ibn Mas'ûd den Vorzug geben würde (Wortlaut in seinem Kommentar: ويمكن الجمع بأن يتعدد النزول بحمل سكوته في المرة الثانية على توقع مزيد بيان في ذلك، وإن ساغ هذا وإلا فما في الصحيح أصح). Andererseits ist Sure Nr. 17 eine als mekkanische betrachtete und tatsächlich mit den typischen Merkmalen einer solchen auftretende Sure, und stilistisch gibt es auch keine deutlichen Anzeichen für einen medinesischen Einschub, so dass der Fehler auch auf einen der Überlieferer der Ibn Mas'ûd zugeschriebenen Überlieferung zurückgehen könnte (evtl. al-A'mash).
51 Eine der Versionen zitiert ihn mit einer Formulierung, die auf dasselbe hinausläuft und dieselbe Wortwurzel verwendet: „Ihr wurdet mir [...] gezeigt.“
52 Sure 8:43
53 Beispielsweise prahlt nach einer als authentisch eingestuften Überlieferung das Feuer gegenüber dem Paradies damit, dass sich in ihm die Tyrannen und sich Großstellenden befinden, was sich nicht nur aufgrund des verwendeten männlichen Plurals danach anhört, als sei die Mehrheit davon männlich.
54 Auch bei Annahme eines über die Symbolik hinausgehenden im Feuer zustandekommenden derartigen Mehrheitsverhältnisses kann dieses auch etwas ganz natürlich mit den im irdischen Dasein existierenden Mehrheitsverhältnissen Korrespondierendes sein. Der mit der Undankbarkeit gegenüber dem Ehemann und dem Fluchen zusammenhängende Grund wäre schon zutreffend, wenn sich nur eine einzige Frau im Feuer deswegen dort befindet. Denn durch das Hinzukommen einer Frau alleine kann ja bereits eine Mehrheit der weiblichen gegenüber den männlichen Bewohnern zustandekommen. Insgesamt werden auf dieser Erde jedenfalls womöglich ohnehin mehr Frauen als Männer gelebt haben, wie ein anderer authentischer Ausspruch nahelegt, so dass auch im Paradies die auferstandenen Frauen die Mehrheit stellen könnten. (Aktuell ist das Verhältnis global fast gleich, bei einem marginalen Männerüberschuss.) Dennoch hat der Gesandte Gottes laut einer anderen authentischen Überlieferung die Armen als Mehrheit des Paradieses gesehen. Dies ist für die moralischen und normativen Implikationen ein relevanteres Symbol als Frauen oder Männer als Mehrheit des Paradieses. Selbstverständlich muss auch dies nicht heißen, dass in der Realität des Paradieses im trivialen Sinne und zahlenmäßig mehr Arme dort sein werden, sondern kann auch lediglich als Wachrüttelung für Reiche dienen, als sei es für sie (evtl. u.a. aufgrund der Gefahr des Geizes) schwieriger, ins Paradies zu gelangen. Vgl. das Markus-Evangelium, das Jesus  in 10:25 mit den Worten zu zitieren beansprucht: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.
55 Der von Bukhâriy in sein Saħîħ-Werk aufgenommene Hadith hat hier und anscheinend in allen anderen Werken, in denen er erwähnt wird, eine einzige Basisüberliefererkette (von einhellig abgelehnten Ketten und einer potentiellen, weiter unten diskutierten Halb-Ausnahme abgesehen), nämlich eine über al-Hasan al-Basriy direkt zu dem Prophetengefährten Abû Bakrah at-Thaqafiy führende. Die ablehnende Kritik Imâm Dârqutniys an dieser Kette in seinem Werk al-ilzâmât wa t-tatabbu  konnte von Ibn Hajar v. Askalon nur unwesentlich entkräftet werden. Denn stutzig macht, dass der ehrenwerte Bukhâriy zu diesem Hadith kein Format dieser Kette vorzuweisen hat, in welcher al-Hasan al-Basriy deutlich macht, er habe die Überlieferung von Abû Bakrah selbst gehört. Ein solches Format ist hier dringend nötig, da der ansonsten als hochrechtschaffen geltende al-Hasan als jemand bekannt ist, der es nicht für nötig hielt, stets vollständige Überliefererketten anzugeben und deswegen seine Hadithe im vorliegenden 'an'anah-Format in der Hadithwissenschaft nicht ohne Weiteres als authentisch akzeptiert werden dürfen. Die Problematik der Überlieferungen al-Hasans war Bukhâriy zweifellos bekannt. Die Lösung des Rätsels, warum er den Hadith dennoch in seine Sammlung aufnahm, lässt sich an einer anderen Stelle des Werkes Bukhâriys finden: Dort nämlich wird al-Hasan al-Basriy zu einem ganz anderen Thema zitiert, er habe Abû Bakrah etwas sagen hören, woraufhin Bukhâriy dies mit den Worten kommentiert, der berühmte Hadithgelehrte Aliy b. Madîniy habe ihm gesagt, dieser andere Hadith sei der (einzige) Anhaltspunkt, aufgrund dessen man wisse, dass al-Hasan Abû Bakrah überhaupt jemals etwas sagen gehört habe. Somit steht praktisch fest: Bukhâriy nahm offenbar einfach an, dass die Bestätigung dieses einmaligen Hörens (eines völlig anderen Berichts) genüge, um davon auszugehen, dass al-Hasan Ohrenzeuge aller von ihm dem Prophetengefährten Abû Bakrah zugeschriebenen Worte gewesen sei. Dabei ist es bekannt, dass nicht einmal enge Schüler von Überlieferern in jedem Fall das von ihnen Überlieferte persönlich von ihnen gehört hatten (vgl. Imâm Mâlik, der ein enger Schüler von Nâfi' war und es dennoch - gewissenhaft, wie er war - mit der Formel بَلَغَنِي عَنْ نَافِعٍ  durchblicken ließ, wenn er eine Überlieferung nicht direkt von ihm gehört hatte). Der Aufnahme des Hadiths liegt also eine reine Spekulation zugrunde. Wie fatal dieser Schritt und dass der Hadith von der mutmaßlichen unbekannten Quelle al-Hasans womöglich sogar einfach erfunden worden ist, ist zwar nicht allein durch das unleugbare Fälschungsrisiko, mit dem politisch relevante und zu misogynen Zwecken missbrauchbare Hadithe behaftet sind, begründbar, liegt aber zusammen mit diesem und dem bisher Gesagten angesichts einer weiteren wichtigen Feststellung extrem nahe: Niemand sonst außer al-Hasan (und angeblich Abû Bakrah und eine zweite, weniger bekannte Person, s.u.) scheint diesen Hadith überliefert zu haben - nicht einmal die zeitgenössischen Gegner Aishahs unter Aliys Anhängern, die ja diese Überlieferung in der politischen Auseinandersetzung mit ihr dringend benötigt hätten, zumal Aishah die Führerin der Gegenpartei war und ihr als prominenteste Mutter der Glaubenden in ihrem Umfeld fast wie einer Prophetin gehorcht wurde. Die Überliefererkette ab Abû Bakrah hätte unter diesen Umständen wohl kaum einen geringeren als den mutawâtir-Status erreicht. Da anscheinend dennoch kein einziger Unterstützer Aliys den Hadith überlieferte (selbst Abû Bakrah sympathisierte eher mit der Sache Aishahs als mit der Sache Aliys) und er nicht sicher auf den Propheten zurückführbar ist, handelt es sich bei ihm um eine kaum haltbare Überlieferung, welche die Aufnahme in das Saħîħ-Werk Bukhâriys nicht verdient hat. Seiner Aufnahme hat sich Imâm Muslim folglich wohl zu Recht enthalten.
     Gleichwohl überlieferte Ahmad b. Hanbal in seinem musnad-Werk den Ausspruch in einer ähnlichen Form mit dem Gewährsmann Abdurrahman b. Jawshan statt al-Hasan, überliefert von Uyayna, dem Sohn des Gewährsmanns. Wortlaut (bei weitgehend gleichbleibender Bedeutung): لن يفلح قوم أسندوا أمرهم إلى امرأة. Die Überliefererkette wird von vielen als stark und einwandfrei angesehen. Eine solche Einstufung der Tradentenkette (die von der Bewertung des Hadiths als Ganzes übrigens zu unterscheiden ist) entbehrt zwar nicht einer gewissen Nachvollziehbarkeit, ist jedoch einer Überprüfung würdig: Der genannte Gewährsmann und sein Sohn sind nicht sehr bekannt, wie Abdullâh b. Ahmad b. Hanbal laut Imâm Mizziy bemerkt, und sowohl Bukhâriy als auch Muslim haben sich anscheinend bewusst enthalten, irgendetwas von Abdurrahman b. Jawshan in ihren beiden Saħîħ-Werken zu überliefern. Nicht unbedeutend dürfte auch sein, dass der als Gedächtnisgenie und „Oberhaupt der Hadithgelehrten“ geltende Ibn Hajar von Askalon in seinem fatħu l-bârî trotz seiner Bemühung um die Entkräftung der Kritik und darum, anlässlich seiner Kommentierung der Überlieferung al-Hasans möglichst viele - auch schwache - Varianten des Ausspruchs zusammenzutragen, dennoch ausgerechnet diese Variante zu erwähnen auslässt. Dass gleich vier Koryphäen der Hadithwissenschaft diese Variante übersehen, sollte jedenfalls Anlass zu großer Verwunderung bieten. - Sodann ist es, zu guter Letzt, nicht unmöglich, dass es sich bei Ibn Jawshan um das von al-Hasan ungenannte Kettenglied handelt, so dass der Charakter der äußersten Verwaistheit der Überlieferung nach wie vor bestünde.
     Wie dem auch sei: Sollte sich durch hadithwissenschaftliche Untersuchungen die bisherige Argumentation tatsächlich um einen Einzelaspekt reduzieren, würden jene sie nichtsdestotrotz nicht signifikant schwächen können, da angesichts der sonstigen vorangegangenen Ausführungen genügend kaum unüberwindbar scheinende, andere Aspekte verbleiben.
56 Zum Beispiel: „Selbst wenn er von den Füßen bis zum Scheitel seines Kopfes voller Wunden wäre, aus denen Eiter und Sekrete hervorplatzten und sie ihn ableckte, würde sie seinem Recht noch kein Genüge tun.“ Dieser Zusatz steht in einem auf Anas b. Malik zurückgeführten Hadith im Musnad-Werk des Ahmad ibn Hanbal. Die Überliefererkette besteht u.a. aus Hafs, einem wenig bekannten angeblichen Neffen von Anas b. Mâlik, dessen Name Bukhâriy und wohl auch Muslim bekannt war und sie in ihren Saħîħ-Werken dennoch keinen einzigen Hadith von ihm überlieferten, sondern Bukhâriy nur in seinem Werk „al-adab al-mufrad“, in welchem er bewusst weit weniger streng auf die Authenzität von Überlieferungen achtete. Ibn Hajar v. Askalon gestand ihm nur eine mittlere Zuverlässigkeit zu (صدوق, d.h. an sich wahrhaft, aber nicht unbedingt verlässlich), die eine uneingeschränkte Authentifizierung seiner Überlieferungen nicht zulässt. Eine weitere Person in der Kette ist der direkt von ihm überliefernde Khalaf b. Khalifah, der zwar erheblich bekannter ist, aber ebenfalls nur den Ruf einer mittleren Zuverlässigkeit genießt, sowohl Dhahabiy als auch Ibn Hajar stuften ihn nur als صدوق ein. Es ist auch bekannt, dass er in seinem letzten Lebensabschnitt erheblich durcheinander geriet.  Damit addiert sich die Unzuverlässigkeit der Überlieferung. N. Albaniy sah die Überlieferung dementsprechend nicht an sich als authentisch an, sondern nur aufgrund externer Faktoren, die er in seiner denkerischen Eigenbemühung (ijtihâd) für relevant hielt. Für Ibn Hazm ist der komplette Hadith wertlos, was er darauf aufbaut, dass Anas b. Malik einen Neffen namens Hafs nie gehabt habe. Es ist tatsächlich durchaus möglich, dass sich die Person gegenüber Khalaf, außer welchem kaum jemand etwas von Hafs überlieferte, einfach als Neffe von Anas ausgegeben hat. - Der Zusatz ist offensichtlich heillos übertrieben und passt nicht zu der vom Propheten  aus dem hochauthentischen Hadithbestand bekannten Redeweise. Wenn er nicht eine glatte Erfindung ist, so ist er wahrscheinlich ein persönlicher Kommentar von Anas b. Malik, den einer der Überlieferer als Teil des Prophetenzitats missverstand. Jedenfalls fehlt er in den anderen auf Anas b. Mâlik zurückgeführten Versionen desselben Hadiths, wo er als das gravierendste und eindrücklichste Element kaum aus Vergesslichkeit ausgelassen worden sein wird, so dass dies die Annahme unterstützt, dass er eine nachträgliche Hinzufügung ist. In einer anderen, auf einen unbekannten Prophetengefährten zurückgeführten Version taucht ein ähnlicher Zusatz auf, dort ist er dankenswerterweise tatsächlich als Zitierung eines Kommentators gekennzeichnet: „A'mash sagte: Ich erwähnte dies (d.h. den Hadith) Ibrâhîm gegenüber, und er sagte: ‚Selbst wenn sie die Nase ihres Ehemannes vom Aussatz ableckte, würde sie seinem Recht noch kein Genüge tun.’“
57 In seiner gängigen Interpretation widerspricht der Ausspruch der unbezweifelbaren Grundtendenz des authentischen prophetischen Usus bezüglich des Einsatzes für die Würde und das Recht der Frau, und trotz seiner enormen Verbreitung nahmen weder Bukhâriy noch Muslim irgendeine Variante des Ausspruchs in ihre Saħîħ-Werke auf. In der Regel kommt der Ausspruch in unterschiedlichen, thematisch völlig anders gelagerten Geschichten eingebettet vor, in welchen er allein durch den Schnittpunkt des Niederstirnens einen unpassend abschweifenden Schwenk auf das Thema der Rechte des Ehemanns herbeiführt. Dies, zusammen mit der Feststellung, dass um diesen Ausspruch herum eine abnorm hohe Überlieferungsaktivität stattgefunden hat, aber praktisch keine der vielen im Zuge dieser Aktivität entstandenen Überliefererketten völlig einwandfrei ist, lässt den Verdacht aufkommen, dass hier eine bewusste Streuung stattgefunden hat und die Geschichten lediglich die Verbreitung des „Mems“ sichern und/oder es glaubwürdig wirken lassen sollten. Der bekannte Hadithwissenschaftler Ibn Hazm lehnte in seinem al-muħallâ bi l-âthâr alle Varianten des Hadiths auf der Grundlage der Betrachtung seiner Überliefererketten ab. - Als indirekte objektive Aussage aufgefasster Satz sagt der Hadith übrigens letztlich, unter allen Menschen habe der Ehemann gegenüber der Ehefrau das gewaltigste Recht, was aber sowohl dem Ehrwürdigen Koran als auch der authentischen Ususlehre insofern eklatant widerspräche, als es in beiden Quellen bekanntlich die Eltern sind, die gegenüber dem Sohn bzw. die Tochter das gewaltigste Recht haben, genauer gesagt, wie in einem oben bereits erwähnten authentischen Hadith: Die Mutter gegenüber ihrem Sohn. Zu erwarten wäre also maximal gewesen, dass der Ausspruch gelautet hätte: „... würde ich dem Sohn befehlen, vor seiner Mutter / vor seinen Eltern niederzustirnen.“ Sogar bei Hadithen mit einwandfreien Überliefererketten verhindert ein solcher inhaltlicher Mangel ('illah) nach den Regeln der Hadithwissenschaft die Authentifizierung.