Die Grammatik des Koran

Gibt es im Koran nicht Grammatikfehler, z.B. unerwartete Deklinationen in 4:162 oder 5:69 und andere Dinge?

Der Glaube, im Koran gebe es Grammatikfehler, ist aus den folgenden Gründen ein Irrtum (und wird übrigens eher von Amateur-Kritikern und Hobby-Missionaren als von seriösen Wissenschaftlern propagiert):

  • Es ist wissenschaftlich unstrittig, dass die Grammatik des damaligen Hocharabisch deutlich komplexer und umfangfreicher als das heutige Hocharabisch („Modern Standard Arabic“) war. Die Nutzung heute praktisch in Vergessenheit geratener Regeln und Ausdrucksweisen kann jemandem, der das Hocharabische nur oberflächlich gelernt hat, durchaus wie eine Abweichung von der Grammatik erscheinen.
  • Die rhetorische und stilistische Überlegenheit des koranischen Arabisch gegenüber menschlichem Arabisch ist heute wie früher für jeden wenigstens halbwegs gebildeten Araber sofort erkennbar. Nicht umsonst versuchen die sprachgewandtesten arabischen Redner und Prediger der Welt seit den Anfängen des Islam bis in die heutigen Tage ihre Rhetorik immer wieder durch die Einbindung koranischer Redewendungen aufzuwerten. Scheinbare deutliche Abweichungen von einfachsten Deklinationsregeln können vor diesem Hintergrund nur bewusst eingesetzte rhetorische Mittel sein. Von nichts anderem gehen wir aus, wenn ein sprachgewandter gebürtiger Deutscher sagt: "Wie gewonnen, so zerronnen." Dieser Satz weicht aufgrund des fehlenden Prädikats von der gewohnten Grammatik ab, kann aber vor dem erwähnten Hintergrund nur bewusst so formuliert worden sein (z.B. um die große Nähe zwischen Gewinn und Verlust auszudrücken.)
  • Da der Koran das Wort Gottes ist und die Grammatik hingegen eine menschliche soziale Konvention, hat sich die Grammatik dem Koran unterzuordnen und nicht der Koran der Grammatik.1 Selbst echte Abweichungen wären eher ein hochgeeigneter Ausdruck der uneingeschränkten göttlichen Souveränität.
  • Einige der sogenannten Abweichungen, wenn nicht gar alle, konstituieren an den jeweiligen Stellen gerade die von übermenschlicher Kühnheit geprägte Schönheit des Ehrwürdigen Koran. Das ist übrigens einer der Gründe, warum sich Übersetzungen deutlich langweiliger lesen als das Original, da die Übersetzer es nicht wagen oder nicht in der Lage sind, die Art der Abweichung in die Zielsprache zu transportieren.
  • In der damaligen arabischen Schrift gab es keine Trennzeichen wie Kommata oder Gedankenstriche, so dass syntaktische Einschübe oft nur über grammatische Besonderheiten erkennbar sind, die der Unaufmerksame für Fehler hält.
1 D.h. nachzugeben und ggf. auf ihre „Regeln“ zu verzichten. Dennoch hat Gott (erh.) natürlich genauso die Freiheit, koranische Rede sich teilweise, weitgehend oder ganz an die den Menschen gewohnte Grammatik halten zu lassen.


Widerspruchsfreiheit zu naturwissenschaftlichen Fakten: Übereinstimmung mit anderen externen Fakten: Theologie und Dogmatik: Ethik: Geschlechtergerechtigkeit:
Innere Widerspruchsfreiheit: Sonstiges: